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Posttraumatische Verbitterungsstörung
Mit negativen Erlebnissen zurechtzukommen gelingt Menschen unterschiedlich gut. Manche sind ohne große Schwierigkeiten dazu in der Lage, solche Erfahrungen zu akzeptieren und den Blick nach vorne zu richten, während andere lange Zeit mit dem Erlebten hadern. Dies hängt natürlich sowohl von der individuellen Persönlichkeit wie auch vom spezifischen Ereignis ab, das es zu bewältigen gilt.
Manchmal fällt es besonders schwer, das Erlebte hinter sich zu lassen – vor allem, wenn es um Kränkungen, Herabwürdigungen oder Ungerechtigkeit geht. Betroffenen gelingt es nicht oder nur sehr schwer, persönliche Verluste, Vertrauensbrüche oder enttäuschte Erwartungen zu akzeptieren. Stattdessen reagieren sie ohnmächtig, hilflos und verbittert im Angesicht der massiven Verletzung.
Neben der hauptsächlichen Emotion der Verbitterung können verschiedene psychosomatische Beschwerden auftreten, etwa Schlafstörungen, Appetitverlust, sozialer Rückzug usw. Auch eine depressive Symptomatik kann sich einstellen, manchmal bis hin zum Auftreten von Suizidgedanken.
Lässt die Verbitterung nicht nach, sondern ist im Gegenteil bei einer Erinnerung an das Erlebte stets wieder präsent, kann dies auf das Leben der Betroffenen massiv nachteilige Auswirkungen haben.
Der Arzt und Psychotherapeut Michael Linden (Charité Berlin) beschrieb die posttraumatische Verbitterungsstörung erstmals Anfang der 2000er Jahre als eigenständiges klinisches Syndrom. Von ihm genannt werden dabei die – hier in zusammengefasster Form aufgezählten – Diagnosekriterien:
- Der posttraumatischen Verbitterungsstörung voraus geht ein einmaliges, schwerwiegendes negatives Lebensereignis, welches als ungerecht oder herabwürdigend erlebt wird.
- Die Betroffenen reagieren mit Verbitterung und emotionaler Erregung, sobald sie auf das Ereignis angesprochen werden.
- Die Erinnerungen an das Erlebte drängen sich auf, wobei Betroffene teilweise Wert darauflegen, das Ereignis nicht zu vergessen, verbunden manchmal auch mit der fehlenden Bereitschaft, „die Wunden heilen“ lassen zu wollen.
- Betroffene erleben sich als Opfer und außerstande, das Ereignis oder die Ursache dafür zu bewältigen, verbunden mit Selbstvorwürfen bis hin zu Gedanken an einen (erweiterten) Suizid. Die emotionale Grundstimmung ist dysphorisch-aggressiv-depressiv getönt, eine Beeinträchtigung der emotionalen Schwingungsfähigkeit liegt jedoch nicht vor.
- Neben möglichen unspezifischen somatischen Beschwerden (Schlafstörungen, Appetitverlust oder Schmerzen) berichten Betroffene über eine phobische Symptomatik im Hinblick auf den Ort und den Urheber des kritischen Ereignisses sowie häufig einen reduzierten Antrieb.
Gerade bei Menschen mit einer posttraumatischen Verbitterungsstörung finden sich in der Vergangenheit besonders häufig Fälle von Kränkung und Enttäuschung und/oder Erlebnisse verbunden mit Gefühlen von Ausgrenzung und Ungerechtigkeit. Diese traumatisierenden Beziehungserfahrungen haben enormen Einfluss auf das Erleben und Verhalten im Hier und Jetzt.
Wir verstehen die posttraumatische Verbitterungsstörung in erster Linie als eine Beziehungs- bzw. Bindungsstörung. Entsprechend zielt unser therapeutisches Angebot darauf, innerhalb eines vertrauensvollen und haltgebenden Umfelds korrigierende Beziehungserfahrungen zu ermöglichen.
Die Therapie in den Heiligenfeld Kliniken beinhaltet:
- Strukturbildende und stabilisierende Elemente und Angebote
- Ressourcenaktivierende Methoden in Bewegungs-, Musik- und kreativer Therapie
- Unterschiedliche Zugangsweisen zum Erleben durch körperbezogene Therapien, gestalterische Medien, Musik, Entspannung oder Imagination, Aggressionsarbeit, Therapeutisches Reiten und Rhythmustherapie
- Förderung von lebenspraktischen Kompetenzen („Lebensführung“, „Beziehung und Kommunikation“)
- Funktionell wirksame Therapien wie Physikalische Therapie, Sport und Gymnastik sowie Entspannungsverfahren
- Nährende und unterstützende Therapien, wie die Wassertherapie, meditative und imaginative Methoden
Die Behandlungsziele werden zu Beginn der Therapie gemeinsam besprochen. Hierzu können zählen:
- Einsicht in die Erkrankung und ihrer Schwere
- Einsicht in biographische Zusammenhänge
- Entwicklung von Kontakt-/Beziehungsfähigkeit sowie die Verarbeitung traumatischer Erlebnisse
- Entwicklung des Kontakts zum inneren Selbst
- Entwicklung der Fähigkeit zur Selbststeuerung unterschiedlicher innerer Zustände
- Entwicklung eines positiven Selbstgefühls, der Selbstannahme, der Selbstverantwortung und damit von einem realistischen, differenzierten und stabilen Selbstbild
- Einsicht in eigene Schwächen und Stärken
- Entwicklung von Alltagsfertigkeiten
- Entwicklung einer beruflichen Zukunftsperspektive und differenzierte Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit
Die Behandlung einer posttraumatischen Verbitterungsstörung im stationär-psychosomatischen Setting hat sich als wirkungsvoll erwiesen. Insbesondere wenn ambulante Behandlungsmaßnahmen nicht mehr ausreichen, kann durch die stationäre Therapie wieder eine merkliche Stabilisierung erzielt werden.
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