Die zunehmende Kälte und Dunkelheit macht vielen Menschen im Herbst und Winter zu schaffen. Einige Menschen entwickeln aufgrund dessen sogar einen sogenannten Winterblues oder eine Winterdepression. Im folgenden erfahren Sie, was ein Winterblues ist, wie er sich von einer Winterdepression bzw. einer saisonal abhängigen Depression (SAD) abgrenzt und was Sie dagegen tun können.
Was ist ein Winterblues?
„Im Winter werden die Tage kürzer, unser Alltag verändert sich und wir bekommen weniger Licht“, erklärt Dr. Hans-Peter Selmaier, Chefarzt der Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen. Die Intensität und die Dauer des Lichts beeinflussen maßgeblich den Serotonin- und Melatonin-Haushalt in unserem Körper. Durch viel Sonnenlicht wird das sogenannte „Glückshormon“ Serotonin gebildet. Dieses Hormon hellt die Stimmung auf und sorgt für positive Gefühle. „Der Serotoninspiegel sinkt bei einsetzender Dunkelheit und die Bildung des Schlafhormons Melatonin wird gefördert. Das ist erst einmal ein ganz normaler Vorgang, der wichtig ist, damit wir abends müde werden“, so Dr. Selmaier. „Dass wir im Winter oft weniger Energie verspüren, ist deshalb normal und den jahreszeitlichen Veränderungen angepasst. Dieses natürliche, melancholische Stimmungstief bezeichnen wir als “Winterblues“. Wird das Stimmungstief aber zu stark und lässt sich durch beispielsweise die unten stehende Tipps nicht ausbremsen, kann hinter dem normalen Winterblues auch eine wirkliche Depression stehen – nämlich die sogenannte saisonal abhängige Depression (SAD). Diese ist sogar im ICD-System offiziell aufgenommen und wir sprechen umgangssprachlich von der Winterdepression,“ erklärt der Mediziner.
Welche Symptome treten bei einem Winterblues auf?
Spätestens ab Ende Oktober hat uns die dunkle Jahreszeit fest im Griff. Wir gehen zum Teil früh im Dunkeln aus dem Haus und kommen abends im Dunkeln nach Hause. Nicht nur unser Alltag ändert sich im Winter, auch die Stimmung wird beeinflusst. Befragt man die Menschen nach den Symptomen des Winterblues berichten die meisten Menschen von:
- Antriebslosigkeit
- Lustlosigkeit
- Müdigkeit
- Niedergeschlagenheit
Dies ergab eine Umfrage des Statistischen Bundesamtes bei 2.072 Befragten.
Winterblues oder Winterdepression?
Da sich die Symptome des Winterblues und der Winterdepression ähneln, können drei Unterschiede bei der Diagnose helfen. Während wir jahreszeitlich bedingt beim Winterblues eher ein erhöhtes Schlafbedürfnis und einen gesteigerten Hunger auf Kohlenhydrate und Süßes haben und dadurch eher an Gewicht zunehmen, sind die Symptome einer saisonal abhängigen Depression mit Schlafstörungen, Gewichtsabnahme und verringertem Hungergefühl eher der Depression zuzuordnen. Geht der natürliche Winterblues in eine wirkliche Winterdepression bzw. saisonal abhängige Depression über, sollte man sich Hilfe suchen. Ob beim Partner/der Partnerin, Freundinnen/Freunden, Kolleginnen/Kollegen oder wenn nichts hilft, Therapeutinnen/Therapeuten und Ärztinnen/Ärzte. Wird eine Winterdepression rechtzeitig behandelt, ist die Heilungschance sehr hoch und die Menschen erleben eine gesteigerte Lebensqualität.
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Tipp 1: Bewegung an der frischen Luft und Tageslicht
Auch, wenn sich die Sonne hinter trüben Wolken versteckt, reicht die Lichtintensität aus, um unsere Stimmung zu heben. Darüber hinaus sorgen Bewegung und Sauerstoff für eine verbesserte Versorgung unserer Zellen und helfen dabei, Glückshormone auszuschütten. Zusätzlich kann eine Tageslichtlampe Abhilfe schaffen. Sie imitiert das natürliche Tageslicht und fördert so die Ausschüttung von Serotonin. Aber Vorsicht: nicht am Abend verwenden, sonst können Schlafstörungen die Folge sein, da der Hormonhaushalt komplett durcheinander gerät.
Tipp 2: Ernährung überprüfen
Die gedrückte Stimmungslage sorgt für einen Heißhunger auf Kohlenhydrate und Süßigkeiten. Die Verfügbarkeit von Schoko-Nikoläusen und Plätzchen machen das Verzichten umso schwerer. Doch Fastfood und Süßes bilden keine Alternative zu einer ausgewogenen Ernährung. Deshalb sollte man vor allem ballaststoff- und vitaminreiche Nahrungsmittel sowie viel Obst und Gemüse einplanen. Unser Körper braucht zudem ausreichend Vitamin D, was normalerweise automatisch gebildet wird, sobald Sonne auf die Haut trifft.
Tipp 3: Sport macht glücklich
Sport ist ein echter Glücksbote. Gerade im Herbst und Winter fällt es vielen Menschen schwer, ihr Sportpensum zu erfüllen oder sich überhaupt aufzuraffen, Sport zu machen. Da es früher dunkel wird, ist es gerade für berufstätige Menschen oft schwer, einen Zeitpunkt für Sport im Freien zu finden. Indoor-Sportarten sind eine gute Alternative. Denn wer Sport macht, fühlt sich nicht nur fitter und hat ein besseres Herz-Kreislaufsystem, sondern die Produktion von Glückshormonen wird nachweislich angeregt.
Tipp 4. In Beziehung bleiben
Ein gutes Gespräch unter Freunden oder mit der Familie schafft Raum für Austausch und macht glücklich. Erklären Sie Ihrer Umgebung, wie es ihnen gerade geht. Dadurch beugen Sie falschen Erwartungen vor und erhalten Unterstützung.
Tipp 5: Entspannung und kreative Hobbys
Gönnen Sie sich immer wieder Auszeiten vom hektischen Alltagstrubel. Entweder über Wellness-Behandlungen oder über ihre Hobbys. Vor allem kreative Hobbys wie Malen, Musizieren, Basteln, Stricken, Schreiben oder DIY-Projekte sorgen für einen Ausgleich und das Gefühl, etwas entstehen zu lassen. Selbstwirksamkeit ist hier das richtige Schlagwort.
“Die saisonal abhängige Depression – auch Winterdepression genannt – kommt häufig vor und kann gut behandelt werden.“
Hans-Peter Selmaier, Stellvertretender Ärztlicher Direktor der Heiligenfeld Kliniken und Chefarzt der Parkklinik Heiligenfeld
Behandlung von Winterdepression
Helfen all diese Tipps nicht, und der Winterblues bleibt über eine längere Zeit bestehen, dann könnte eine wirkliche Winterdepression dahinter stecken. Von einer Depression im Winter spricht man, wenn die traurige düstere Stimmung den eigenen Alltag so weit beeinträchtigt, dass eine Alltagsbewältigung nicht mehr gegeben ist. Eine saisonal abhängige Depression liegt vor, wenn die Depression mindestens zwei Jahre hintereinander und ausschließlich in der entsprechenden Jahreszeit aufgetreten ist. Doch wie wird eine solche saisonal abhängige Depression überhaupt behandelt?
Sport und Bewegung als wichtiger Therapiebaustein
„In der Parkklinik Heiligenfeld ist die Basis unseres therapeutischen Handelns bei einer Winterdepression bzw. saisonal abhängigen Depression Sport und Bewegung. Diese begünstigen die Produktion von Serotonin schon an sich. Das wird dadurch verstärkt, dass diese in der freien Natur, gerade am frühen Morgen stattfindet. Dadurch wird die Serotoninproduktion besonders angeregt, während Melatonin in seiner Wirkung vermindert wird“, erklärt Dr. Hans-Peter Selmaier die Behandlung von SAD in den Heiligenfeld Kliniken.
Zusätzliche Spaziergänge im Freien möglichst zur Mittagszeit aktivieren die körpereigene Rhythmik. „Joggen und Nordic Walking sind weitere Elemente unseres Therapieprogramms. Vor allem Ausdauersport im Freien fördert die Ausschüttung von stimmungsaufhellenden Endorphinen. Mancher unserer Therapien finden zudem in der Natur bzw. im Wald statt, wie „Natur als Spiegel“ und „Heilraum Natur“, die zu unserem umfangreichen kreativtherapeutischen Angebot gehören. „Waldbaden“ an sich hat bekannterweise zusätzliche positive Effekte auf Stimmung und körperliche Gesundheit. Das Erleben der therapeutischen Gemeinschaft und das Aufgehen in ihr steht außerdem einer depressiven Rückzugsneigung entgegen“, so Selmaier weiter.
Rythmus, Tanz und Musik
Zudem sind kontinuierliche und rhythmische Übungen am besten geeignet, also dynamische und koordinierte Bewegungen sowohl der Arme als auch der Beine: das ist gewährleistet in Rhythmustherapie (TaKeTiNa) und Tanztherapie. Weitere auch diesbezüglich nützliche Angebote sind Krafttraining, Schwimmen, therapeutisches Karate und Power Yoga. „Wir fördern gesunden Schlaf über Maßnahmen der Schlafhygiene; Weck- und Schlafzeiten sollten dabei konstant sein, unabhängig vom Außenlicht, um einen regelmäßigen Schlafrhythmus zu etablieren. In demselben Sinne setzen wir auf einen strukturierten Tagesrhythmus. Für wichtig erachten wir gerade auch in der Behandlung jeglicher Depressionsformen achtsamkeitsbasierte und meditative Therapieansätze und diverse Entspannungsverfahren von Atemtechniken bis zur Progressiven Relaxation; diese fördern zudem den bei Depressionen oft gestörten Schlaf.
Ernährung
Zusätzlich hilfreich ist unsere gesunde, ausgewogene und vitaminreiche Ernährung“, sagt Dr. Selmaier. Im Einzelfall wird zusätzlich Vitamin-D ergänzt. „Sollten all diese Maßnahmen nicht genügend wirksam sein, so können wir auch, gerade bei eingeschränkter Beweglichkeit auf Lichttherapie zurückgreifen. Bei leichten bis mittelschweren Depressionen setzen wir Johanniskraut in ausreichender Dosierung und Qualität ein, verzichten dann aber auf die Lichttherapie wegen sonst drohender Hautirritationen; auch beachten wir mögliche Arzneimittelinteraktionen. Ansonsten kann auch der Einsatz von Antidepressiva, insbesondere von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern wohlüberlegt angezeigt sein. Die psycho- oder pharmakotherapeutische Behandlung erfolgt nach den Behandlungsprinzipien der rezidivierenden depressiven Störung. Eine prophylaktische Therapie mit Bupropion während der Herbst- bis Wintermonate erwägen wir nur nach Bedarf“, erklärt Dr. Selmaier.
Alle Formen der Psychotherapie
Naturgemäß steht in den Heiligenfeld Kliniken Psychotherapie in allen Formen im Vordergrund in Form von Einzel- und Gruppentherapie und der Indikationsgruppe Depression bei einem hohem Maß an Methodenintegration. Dabei sind der Aufbau bzw. die Aktivierung von Ressourcen und die Etablierung von Kompetenzen besonders wichtig. „Letztlich geht es uns um ein ganzheitliches Vorgehen, um Integration und Verbundenheit mit allem, auch mit etwas Größerem“, sagt Dr. Selmaier.
Zuletzt aktualisiert am 13.11.2024 – erstmalig veröffentlicht im Oktober 2023
Inhalt
Winterblues - Was mir und meiner Seele gut tut
Die Behandlung von Depression in den Heiligenfeld Kliniken
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