“Es ist wichtig, Hilfe anzunehmen”
Elisabeth Faller* macht einen selbstbewussten und bodenständigen Eindruck. So als könne sie kaum etwas erschüttern. Sie ist Personalleiterin eines Unternehmens mit etwa 900 Mitarbeitern, in dem sie schon seit 28 Jahren tätig ist. Nach einer Ausbildung zur Industriekauffrau, so erzählt sie, stieg sie vor 12 Jahren in dem Konzern zur Personalleiterin auf. Gleichzeitig übernimmt sie seit geraumer Zeit mehrere Aufgaben als Qualitätsmanagementbeauftragte sowie Betreuungstätigkeiten für das betriebszugehörige Wohnheim. “Arbeitszeiten von circa 50 Stunden pro Woche sind keine Seltenheit”, erklärt Elisabeth Faller. Zusätzlich ist sie auch noch für die Betreuung einiger Azubis zuständig.
“Irgendwann war es einfach genug”, erzählt sie. Schon seit einiger Zeit leide sie an akutem Burn-out, Depressionen, posttraumatischen Störungen, Schlaflosigkeit und plötzlichem Herzrasen. Körperlich berichtet sie auch von einem nächtlicher Druck auf der Brust und von einem enormen Stress-Empfinden.
“Die Arbeit als Personalleiterin kostet viel Energie”, beschreibt Elisabeth Faller ihre Arbeitssituation. In einer Zeit eines übermäßigen Personalabbaus in ihrer Arbeitsstelle war sie gezwungen, eine Vielzahl an Kündigungen auszusprechen. Insbesondere die Tatsache, dass in dem Konzern eine familiäre und vertrauliche Atmosphäre herrscht, erschwerte diese Situation erheblich. Elisabeth Faller spricht von einer “psychischen Belastung, die einen zermürbt, wenn man auswählen muss, wer entlassen wird”. Die Reaktionen der entlassenen Mitarbeiter reichten von Wutausbrüchen bis Heulkrämpfen. “Ich musste zunehmend die Traurigkeit, Angst und Verzweiflung erleben, die ich bei den entlassenen Mitarbeitern durch die Kündigungen gezwungenermaßen auslöste. Das war für mich eine riesen Belastung”, erzählt sie.
Zusätzlich wurde bei Elisabeth Faller vor 13 Jahren ein Tumor diagnostiziert, welcher operativ behandelt wurde. “Dieses Erlebnis habe ich wohl auch nie ganz verarbeitet”, schlussfolgert sie. “Wahrscheinlich hat auch das zu meinem Aufenthalt in den Heiligenfeld Kliniken beigetragen.”
Massiv spitzte sich ihre Situation im letzten Jahr zu. Elisabeth Faller erzählt von einer zunehmenden Antriebslosigkeit und davon, dass sie nur noch für die Arbeit existierte. Sie lebt allein, beschreibt ihr Leben als “erfüllt”, da sie sich häufig mit Freunden trifft und viel Sport macht. In der Zeit der Kraftlosigkeit kam sie abends spät von der Arbeit nach Hause und schaltete erschöpft den Fernseher an. Sie traf sich nicht mehr mit Freunden oder trieb Sport. Nachts quälten sie tausende Gedanken. Oft wachte sie schweißnass auf, weil sie schlecht träumte oder sie Schmerzen in der Brust hatte. Darüber hinaus quälte sie die Angst, wieder an einem Tumor zu erkranken. Ihre eigene Situation beschreibt sie als “Topf”, den sie jahrelang mit belastenden Ereignissen gefüllt hat. Nie hätte sie Schwäche zugelassen oder Hilfe angenommen. Doch irgendwann war der Topf einfach voll. “Ich erlitt einen Nervenzusammenbruch und war in diesem Moment zu nichts mehr fähig”, erzählt sie. Nach einer Überlegungszeit entschloss sie sich schließlich zu einem Aufenthalt in der Parkklinik Heiligenfeld. Jetzt steht sie kurz vor der Heimreise und kann auf die intensive Therapiezeit zurückblicken. “Ich kann einiges für mich mit nach Hause nehmen. Durch das Kerngruppensystem der Heiligenfeld Kliniken habe ich gelernt, mit Belastungen umzugehen und Hilfe anzunehmen.” Jeder der Patienten, so Elisabeth Faller, ist auf einem gemeinsamen Level. Sie freut es, dass man “mal weinen kann” und dies nichts Besonderes sei. Auch die Möglichkeit, verschiedene Aktivitäten wie die Sportarten Tai-Chi und Karate und das Tanzen auszuprobieren erinnerten sie an ihre Kraft und Energie.
Der Weg zurück in den Alltag
Elisabeth Faller erzählte von einem sehr lieben Freundeskreis, der ihr jederzeit bei Problemen zur Seite stehe. Sie möchte im Alltag lernen, die Hilfe, die sie benötigt, auch einzufordern und anzunehmen. Sie hätte niemals damit gerechnet, dass es ihr einmal derart den Boden unter den Füßen wegzieht. Die bodenständige Frau erklärt, dass sich die Welt zwar nicht verändert hat, dennoch hat sie selbst als Person eine Veränderung durchlebt. “Ich möchte nun besser auf mich aufpassen und sorgen”, betont Elisabeth Faller. Außerdem ist sie fest dazu entschlossen, nach ihrem Heiligenfeld-Aufenthalt das Tanzen als Erholungsmöglichkeit beizubehalten. Mit Entspannungsübungen möchte Elisabeth Faller von ihren vielfältigen alltäglichen sowie beruflichen Aufgaben Abstand gewinnen, “herunterfahren” und neue Energie und Kraft tanken. Mit der zugesicherten Unterstützung ihres Arbeitgebers und ihrer Freunde wird ihr das ganz sicher auch im Alltag gelingen.
*Name von der Redaktion geändert, das Gespräch hat im April 2011 stattgefunden und basiert auf wahren Tatsachen, die die Patientin im Interview geschildert hat. Wir veröffentlichen diesen Erlebnisbericht nach ausdrücklicher Genehmigung der Patientin. Vielen Dank für die Offenheit!
Weitere Informationen zum Thema Depression und die Behandlungsmöglichkeiten in der Parkklinik Heiligenfeld finden Sie hier und in der Fachklinik Heiligenfeld hier