Ein Trauma ist ein komplexes und oft unterschätztes Phänomen, das tiefe Spuren im Leben eines Menschen hinterlassen kann. Oft ist die Traumatherapie in einer Klinik erforderlich, um mit Betroffenen gemeinsam dieses Leid aufzuarbeiten. In diesem Interview mit Doctor medic Univ. Klausenburg Cristina Pohribneac, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Traumatherapeutin und Oberärztin der Parkklinik Heiligenfeld, erfahren Sie alles grundlegende zur Traumatherapie in den Kliniken Heiligenfelds.
Was ist ein Trauma aus psychotherapeutischer Sicht?
Das Wort Trauma kommt aus dem Griechischen und bedeutet allgemein Wunde, Verletzung. Diese Verletzung kann den Körper und die Seele betreffen. Wenn die Selbstheilungskräfte des Menschen überfordert sind, entwickeln sich Symptome wie Ängstlichkeit, ständig „auf der Hut“ sein, wiederkehrende Bilder mit traumatischem Inhalt, Albträume, Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, Vergessen der traumatischen Erinnerungen als Selbstschutzmechanismus, körperliche Symptome wie Schweißausbrüche, Herzrasen, erhöhte Blutdruckwerte, etc. Manchmal verstecken sich unter den Traumasymptomen die Symptome einer Depression oder Angststörung und werden zu spät diagnostiziert. Dr. Peter Levine, der Gründer der körperorientierten Traumatherapie-Methode „Somatic Experiencing“, gibt eine sehr plastische Beschreibung für Trauma: “Ein Trauma ist eine innere Zwangsjacke, die entsteht, wenn ein verheerender Augenblick in der Zeit eingefroren wird. Es unterdrückt die Entfaltung des Seins und unterbindet unsere Versuche, das schreckliche Geschehen hinter uns zu lassen und unser Leben einfach fortzusetzen. Es trennt uns von unserem Selbst, von anderen, der Natur und dem Geist. Wenn wir uns durch eine Bedrohung überwältigt fühlen, dann versteinern wir vor Angst, so, als seien unsere instinktiven Überlebensenergien auf dem Sprung, ohne jedoch eine Richtung zu haben“.
Wie sieht ein Trauma-Therapie-Prozess aus?
In der Trauma-Therapie haben wir eine goldene Regel, hierbei sprechen wir von sechs Schritten: die ersten vier Schritte sind Stabilisierungsschritte, im fünften Schritt wird ein Teil des Traumas aufgedeckt und geheilt, der sechste Schritt dient der Integration. Es braucht einen geschützten Rahmen, Sicherheit, Zeit und Geduld.
Gibt es Unterschiede bei den Trauma-Therapien?
Es werden individuell unterschiedliche Methoden – je nach Traumatyp (das ganze Spektrum zwischen schwerwiegenden, wiederholten Traumen, die in der Kindheit passierten oder akuten komplexen Traumen bis zu den „leichteren, unkomplizierten“ Traumen) – angewendet. Eine Methode arbeitet mit vorwiegend hypnotherapeutischen Visualisierungstechniken (PIIT), eine andere Methode mit Hilfe von Augenbewegungen und Erinnerungen (EMDR). Die Verhaltenstherapie arbeitet mit Stabilisierungs- und Expositionstechniken, Somatic Experiencing (SE) ist körperorientiert, Brainspotting kombiniert EMDR und SE „Das Innere-Kinder-Retten“ nutzt hypnotherapeutische Visualisierungsmethoden.
Welche Behandlungsmethoden zur Traumabewältigung gibt es in der Klinik?
Alle Patienten werden in unserer Selbststeuerungsgruppe mit Stabilisierungstechniken geschult. In der Trauma-Psychoedukationsgruppe werden die Patienten über die Entstehung und den Umgang mit den Symptomen, Komplikationen, Heilungsmethoden, Ressourcenaktivierung, Medikation etc. informiert. In einigen Psychotherapiegruppen (Kerngruppe) und in Einzelsitzungen arbeiten die Gruppentherapeuten gezielt individuell – je nach Bedarf und Ausbildung – mit unterschiedlichen Methoden.
Was ist Ihnen in der Psychotherapie mit Betroffenen wichtig, was hat sich bewährt?
Wichtig ist die Entscheidung der Patienten, weiterzukommen. Die aktive und disziplinierte Übung von Stabilisierungstechniken, Zeit, Geduld und ein langsam wachsendes Vertrauen in den eigenen Heilungsprozess.
Ist Traumaheilung überhaupt möglich?
Ja.
Was empfehlen Sie Menschen, die von Trauma betroffen sind?
Mitgefühl – das langsam wachsen darf – für sich selbst zu entwickeln, sich zügig professionelle Hilfe zu holen, sich zu vernetzen und das Leid mit anderen Menschen zu teilen.
Vielen Dank für das Interview Frau Pohribneac.
2 Antworten
Zunächst einmal: Trauma ist NICHT heilbar, meine ich. Das Gehirn hat das Erlebte für immer abgespeichert, meine ich Man kann das Erlebte nur neu bewerten und gut wegpacken, meine ich. Das ist meines Wissens der derzeitige “State of the Art”. Mehr nicht! Als selbst Betroffene weiß ich wovon ich spreche ( komplexes Trauma). Ein altes tiefes Trauma kann immer wieder im Leben durch ein aktuelles Ereignis angetriggert werden. Und was ich von anderen Traumapatienten gehört habe: Hat jemand zu viele Traumata in seiner Kindheit erlebt, ist es noch schwieriger bis unmöglich so etwas therapeutisch zu bearbeiten. Ich finde Therapeuten sollten einem das ehrlich und realistisch vorab mitteilen. Übrigens: Ich habe hier schon einmal kritisch zur Traumatherapie im allgemeinen geschrieben. Und mein Beitrag wurde einfach gelöscht. So viel zu dem Ansatz der Klinik von wertschätzendem Umgang mit Menschen auf gleicher Augenhöhe. Das sind meiner Ansicht nur gängige therapeutische Floskeln, um das Vertrauen der Menschen zu erreichen. Mehr nicht! Überhaupt ist Deutschland meiner Meinung nach ein Entwicklungsland was Trauma angeht. Ich denke die Traumaforschung ist einfach noch nicht so weit, um komplexe Traumata gut behandeln zu können. Und Therapeuten sind eben meiner Erfahrung nach meist nicht bereit auf Patienten zu hören und von Ihnen zu lernen. Psychotherapieschäden sind meiner Ansicht nach in Deutschland eh ein Tabuthema.
Das ist genau das, was ich zu zum Thema Hypnotherapeutische Grundausbildung gesucht habe. Ich werde es mit meinem Bruder besprechen, der auch viel über dieses Thema weiß. Mal sehen, ob er mir noch mehr Tipps geben kann!