Heute widmen wir uns auf Wunsch eines unserer Facebook-Fans dem Thema “Posttraumatische Belastungsstörungen bei Feuerwehrleuten”. Bei zwei vergangenen Beiträgen “Auch Helden brauchen Hilfe” und “von Berufs wegen traumatisiert” haben wir das Thema bereits im Zusammenhang mit Polizeibeamten behandelt.
Feuerwehrleute arbeiten oft unter extremen Bedingungen und Zeitdruck. Bei der Ausübung ihres Auftrags tragen sie große Verantwortung für Menschen in Not. Sie werden Zeugen menschlicher Tragödien, die sie oftmals nicht verhindern können. Diese Arbeit geht nicht an jedem spurlos vorbei. In manchen Fällen bleiben die Einsatzkräfte nach der Beendigung ihres Auftrags hilflos zurück. Die psychischen Folgen können verheerend sein. Zunächst zeigt sich meistens im Anschluss an einen schlimmen Einsatz eine sogenannte Belastungsreaktion. Diese ist noch nicht krankhaft, sondern eher eine natürliche Reaktion auf außergewöhnliche Situationen. Sie tritt in der ersten Ruhephase oder im ersten Nachtschlaf auf und verschwindet nach einigen Wochen wieder vollständig. Mögliche Belastungs- und Stressreaktionen bei Feuerwehrleuten können sein, dass ganz plötzlich immer wieder sehr unangenehme Erinnerungen an das dramatische Ereignis während des Einsatzes wie etwa Bilder, Gerüche, Geräusche aufkommen. Auch Albträume von der Situation sind keine Seltenheit. Die Reaktion des Betroffenen darauf ist dann meistens, dass Dinge, Situationen und Themen, die an diese Situation erinnern, bewusst oder unbewusst vermieden werden. Auch starke Angst, Beklemmung, Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen, Überwachheit, Ruhelosigkeit, und das zusammen mit körperlichen Symptomen, können eine Folge sein. Ebenso können ein verändertes Ess- und Trinkverhalten, Verhaltensänderungen, Aggressivität und sozialer Rückzug der Betroffenen möglich sein. Klingen die Symptome nach ungefähr vier Wochen nicht ab oder treten sie erst später ein, dann kann sich daraus eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln.
Was ist eine Posttraumatische Belastungsstörung?
In extremen Stresssituationen wie z. B. einem Brandeinsatz oder einem Unfall mit verletzten oder sogar toten Menschen geht die Psyche in eine Schutzreaktion über, weil die normalen menschlichen Reaktionen Flucht oder Kampf nicht möglich sind und die Situation ausgehalten werden muss. Die Energie wird sozusagen”eingefroren”, was bei einer unzureichenden Verarbeitung zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) führen kann. Diese Erkrankung kann jede Einsatzkraft treffen, die einem außergewöhnlichen Erlebnis ausgesetzt war. Eine Studie der LMU München hat im Jahr 2007 ergeben, dass Einsatzkräfte ein drei Mal höheres Risiko haben an einer PTBS zu erkranken, als der Durchschnitt der Bevölkerung .
Nach dem DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders – Klassifikationssystem der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung) liegt eine PTBS vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- Die Symptomatik folgt einem traumatischen Ereignis, das bei der betroffenen Person Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen auslöste.
- Das Trauma wird wiedererlebt (Flashbacks, Albträume).
- Traumarelevante Reize werden vermieden (man kann sich nicht an Teile des Erlebnisses erinnern, meidet Orte oder Situationen).
- Erhöhtes Erregungsniveau (Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme).
- Die Symptomatik dauert länger als einen Monat an.
- Die Störung löst eine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität beim Betroffenen aus.
Wege aus der PTBS
Um die Auswirkungen einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu lindern, ist es sehr wichtig, dass sich die betroffene Person eingesteht, dass sie die Situation nicht mehr alleine verarbeiten kann. Denn haben sich die Verhaltensstrukturen einmal gefestigt, können sie durch Kognition nicht mehr oder nicht mehr ausreichend beeinflusst werden. In der Regel bieten Feuerwachen für die erste psychologische Betreuung nach einem Einsatz selbst psychologische Hilfe an. Diese unterstützt zunächst bei der Verarbeitung eines solchen Einsatzes. Wird daraus aber eine wirkliche PTBS, dann erfordert das komplexe Syndrom einer Posttraumatischen Belastungsstörung eine spezielle psychotherapeutische Behandlung, in der störungs- und berufsspezifische Aspekte berücksichtigt werden können. In vielen Fällen ist eine stationäre Therapie notwendig, um wieder zurück ins normale Leben zu finden und gegebenenfalls auch wieder berufsfähig zu sein.
Unsere Psychologin Jutta Wittmann hat in ihrem Artikel “von Berufs wegen traumatisiert” bereits die Möglichkeiten der Behandlung von PTBS in den Heiligenfeld Kliniken aufgezeigt.
5 Antworten
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass diese Problematik auf weit mehr freiwillige Feuerwehrleute zutrifft, als man es bislang erfassen kann. Das Thema muss einfach angesprochen werden, so wie Sie es getan haben.
Herzlichen Dank für Ihren Kommentar.
Wir freuen uns, dass Ihnen unser Beitrag gefallen hat.
Gerne nehmen wir weitere Themen auf, falls Sie eine Vorschlag haben, teilen Sie uns diesen bitte mit.
Herzliche Grüße
i.A. Ulrike Wahler
In der Feuerwehr Hamburg wird das Thema “Umgang mit besonders belastenden Einsätzen” inzwischen professionell begleitet. Für Einsatzkräfte wie für Betroffene stehen Teams zur Unerstützung und Begleitung zur Verfügung. Darauf können Berufsfeuerwehren genauso wie freiwillige Feuerwehren zurück greifen.
Außerdem gibt es Schulungsmodule, um für diese Thematik sensibilisiert zu werden und zu lernen, in der Krise angemessen damit umzugehen und sich bei Bedarf therapeutische Hilfe zu holen.
Es ist heute weit mehr als früher unter den Feuerwehrkollegen anerkannt, sich Hilfe und Unterstützung holen zu können, um weiter unbelastet und mit Freude am Privatleben wie am Berufsleben teilnehmen zu können.
Ich denke, bei dem was Feuerwehrmänner alles sehen kann es durchaus zu einer posttraumatische Belastungsstörung kommen. Da sollte immer eine psychologische Hilfe angeboten werden, um sowas zu verhindern.
Danke, dass Sie und die Facebookgemeinde ein Augenmerk auf das viel zu unbekannte Thema PTBS werfen! Um Wege aus der PTBS zu finden ist es denke ich für betroffene entscheidend, dass sie verstehen, dass sobald sich bestimmte Verhaltensstrukturen gefestigt haben auch die Kognition keinen ausreichenden Einfluss mehr ausüben kann. Man sollte sich wirklich durch den Kopf gehen lassen, dass selbst der erleuchtetste PTBS-Patient nicht nur durchs Reflektieren der PTBS entkommen kann.