Was ist Liebeskummer und warum tut es eigentlich so weh?
Liebeskummer ist per se keine Krankheit, aber er kann sich wie eine Krankheit anfühlen. Neben körperlichen Beschwerden kann Liebeskummer intensive emotionale Gefühle auslösen, den Menschen sehr traurig machen und oft auch in eine Depression münden. Grundsätzlich gilt:
- Liebeskummer kann jeden treffen! Jugendliche, Erwachsene, aber auch ältere Menschen.
- Liebeskummer kennt unterschiedliche Phasen.
- Und Liebeskummer kann unterschiedlich lange dauern.
Viele Menschen glauben, dass der erste Liebeskummer am meisten schmerzt, und dass der zweite oder dritte Liebeskummer nicht mehr so weh tun. Das stimmt nicht ganz. Gewiss ist der erste Liebeskummer ein ganz besonderer Kummer: Meistens ist man noch sehr jung, hat sich zum ersten Mal so richtig verliebt, und glaubt, die große Liebe gefunden zu haben. Und dann geht diese erste große Liebe zu Ende. Das wirft vor allem junge Menschen ziemlich aus der Bahn. Man glaubt, sich nie wieder verlieben zu können, nie mehr den oder die Richtige/n zu finden, und man hält oft daran fest, dass das Leben seinen Sinn verloren hat. Wenn man dann nach einer gewissen Zeit feststellt, dass das Leben wieder einen „Geschmack“ bekommt und sich irgendwann doch wieder verlieben kann, können viele Menschen rückblickend mit einem „lachenden Auge“ auf den Kummer sehen. Oft hören wir dann Sätze wie: „Gott sei Dank, hat er Schluss gemacht! Mit all seinen Macken hätte ich ohnehin nicht leben können.“ Oder: „Ich bin froh, dass sie mich verlassen hat, so konnte ich letztlich meiner Traumfrau über den Weg laufen. Jetzt weiß ich, wofür das alles gut war.“
Kommt dann irgendwann wieder eine Trennung auf uns zu, meinen wir, dass wir besser damit umgehen können, weil wir ja wissen, was uns erwartet. Ja, das ist richtig. Wir wissen was auf uns zukommt, aber all die schmerzlichen Gefühle und Emotionen schlagen wieder zu. Es fühlt sich vielleicht anders an, aber wir müssen uns wieder verabschieden und mit den Phasen eines schmerzlichen Verlustes umgehen. Es kommt auch darauf an, auf welche Art und Weise Liebeskummer entsteht. Und hier gibt es Unterschiede. Zum einen ist es davon abhängig, wer von beiden eine Liebesbeziehung beendet, ob man der- oder diejenige ist, der/die verlässt oder verlassen wird. Zum anderen kann es auch davon abhängen, wie lange wir mit einem Partner oder einer Partnerin zusammen waren. Oder aber auch, wie viele alltäglichen Dinge und Gewohnheiten wir miteinander geteilt und erlebt haben. Vielleicht hat sich einer der Partner in eine oder einen anderen verliebt. Wichtig ist dabei auch, welche unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmale die Partner haben. Der eine kann aufgrund seiner Eigenschaften leichter mit einer Trennung umgehen als der andere. Frauen zeigen dabei oft andere Bewältigungsstrategien als Männer. Und Frauen neigen eher dazu, sich in ihrem Schmerz zu zeigen. Sie gehen offener mit ihrem Kummer um. Sie sprechen häufiger mit anderen Menschen darüber oder nehmen häufiger professionelle Hilfe in Anspruch als Männer.
Eine ehemalige Patientin spricht von ihrem Umgang mit Liebeskummer.
Carolin B.* (ehemalige Patientin der Parkklinik Heiligenfeld) erzählt uns, wie sie ihren Liebeskummer erlebt hat, und wie sie damit umgegangen ist.
Carolin B.: „Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass es immer wieder aufs Neue schmerzt, wenn der Liebeskummer einen heimsucht. Ich möchte mit meiner Geschichte denjenigen Mut machen, die sich mit dem Ende einer Liebesbeziehung auseinandersetzen müssen. Ich möchte zeigen, dass es wichtig ist, durch die Phasen des Kummers hindurchzugehen, und vor allem, wie es gelingen kann, dem Leben wieder einen Sinn zu geben.“
„Ich habe – kurz bevor ich in die Parkklinik Heiligenfeld gekommen bin – den schmerzlichen Verlust einer Liebesbeziehung erlebt. Ich war diejenige, die verlassen wurde. Anfangs hatte ich das Gefühl, dass es dieses Mal nicht so schlimm wird, weil ich das „weiß Gott“ nicht zum ersten Mal durchmachte. Zum Zeitpunkt der Trennung war ich in einem relativ guten Allgemeinzustand, wie man im medizinischen so schön sagt, und ich hatte das Gefühl, das viele Verletzungen und negative Erfahrungen der Vergangenheit geheilt waren. In den letzten Jahren habe ich mich viel mit dem Thema „Beziehung“ und ihre Facetten beschäftigt. Auch über die Phasen, die eine Trennung mit sich bringt, habe ich viel gelesen, um das Erlebte meiner Vergangenheit verarbeiten zu können. Ich nahm mir vor, in einer neuen Beziehung vieles anders und „richtig“ zu machen, und ich war überzeugt, dass das gelingen würde. Zumal ich einen weiteren Verlust nicht mehr erleben wollte. Als ich mich dann erneut verliebt hatte und glaubte den Richtigen gefunden zu haben, war ich überglücklich. Endlich bekam ich noch einmal die Gelegenheit, mit einem Mann in einer Beziehung leben und mit diesem Gefühl alles gemeinsam schaffen zu können. Und sollte es – wovon ich nicht ausging – wieder nicht klappen, dann würde ich auf guten Füßen stehen, um am Ende dieser Beziehung alles gut zu verkraften. Denkst du! Ich hatte mich getäuscht! Rückblickend muss ich zugeben, dass es die schlimmste und schmerzlichste Trennung war, die ich je erlebt hatte.“
„Anfangs stand ich – wie das bei allen Trennungen war – erst einmal unter Schock. Ich hatte allerdings noch klare Gedanken, dass es irgendwie weitergehen würde. Ich begab mich in einen – wie ich das auch schon immer zuvor getan hatte – Aktionismus: Ich bin meiner Arbeit nachgegangen, habe mich mit Freunden getroffen und alles versucht, um mich abzulenken. Ich habe viel darüber gesprochen und mir auch Hilfe bei einem ambulanten Psychotherapeuten geholt. Dieser Zustand hielt ungefähr zwei Monate an. Ich habe alle mir zur Verfügung stehenden körperlichen und emotionalen Kräfte mobilisiert, um nur nicht alleine sein zu müssen und mich weitestgehend von diesem gefühlt „unendlichen Schmerz“ abzulenken. Das war für mich sehr wichtig. Zuhause konnte ich es nicht ausgehalten. Ich sorgte dafür, immer erst spät nach der Arbeit nach Hause zu kommen und mich dann gleich schlafen zu legen. Ich wollte mich der Situation nicht stellen, alleine zu sein. Es fühlte sich schrecklich an. Ich sah ihn überall: morgens beim Aufstehen, beim Frühstücken, abends wenn ich nach Hause kam, und natürlich bei Dingen, die wir gemeinsam taten. Es fühlte sich an, als würde sich in meiner Magengegend alles auflösen. Es schnürte mir immer wieder den Brustkorb zu. Die schlimmsten körperlichen Schmerzen verspürte ich in den frühen Morgenstunden. Ich wurde regelmäßig wach und bekam fürchterliche Angst. Ich kannte das schon von vorherigen Verlusten, und davor hatte ich am meisten Panik.
„In der Anfangszeit dachte ich, dass das alles nicht wahr wäre und mein Partner sich das bestimmt noch anders überlegen und wieder zu mir zurückkommen würde. Solche Gedanken sind wahrscheinlich typisch am Anfang einer Trennung. Man verleugnet den Verlust und will es einfach nicht wahrhaben. Mit der Zeit wurde mir allerdings klar, dass das nicht der Fall sein würde und ich diesen Gedanken unbedingt loslassen müsste. In einem Buch habe ich gelesen, dass es wichtig ist, die Endgültigkeit einer Beziehung anzunehmen und sich das auch immer wieder gedanklich vorzuhalten, also dass man akzeptiert, dass die Beziehung zu Ende ist. Das war nicht so ganz einfach, weil ich mich immer noch dagegen sträubte und nicht loslassen wollte. Ich sage hier bewusst „wollte“, weil ich das auch so wahrnahm. Das hat mich letztlich weitergebracht, weil mir klar wurde, dass ich es konnte, aber nicht wollte.“
„Was nach dieser ersten Phase kam, war nicht besser. Es folgte eine depressive Phase. Mein anfänglicher Aktionismus wandelte sich in Antriebslosigkeit und einen Erschöpfungszustand, der mich zum Rückzug zwang: Ich hatte keine Lust mehr, mit anderen auszugehen, geschweige denn von A nach B zu fahren, um irgendetwas zu unternehmen. Ich wollte mich anderen Menschen mit meiner traurigen Stimmung nicht mehr zumuten, wollte mich nicht zeigen, in welcher Opferhaltung ich mich befand. Was meinen Rückzug auch begründete war, dass viele meiner Freunde nicht verstanden, dass ich immer noch traurig war. Da kamen Sätze wie: „Was, du trauerst dem immer noch hinterher. Das liegt doch jetzt schon vier Monate zurück. Mensch, das Leben muss doch weitergehen. Jetzt lass‘ das doch endlich mal hinter dir.“ Solche Sätze haben mir nicht wirklich weitergeholfen. Wer sagt denn, dass das alles immer so schnell gehen muss? In der Klinik bekam ich die Gewissheit, dass jeder Mensch seine individuelle und eigene Trauerzeit hat, und das kann unter Umständen auch sehr lange dauert. Und diese Zeit habe ich mir dann auch genommen und mich nicht mehr von anderen irritieren lassen, dass meine Trauerzeit nicht normal sei.“
„Heute, circa ein Jahr später, kann ich sagen, dass ich auf dem Weg bin. Ich habe eine neue Richtung für mich gefunden. Und ich bin nicht mehr dieselbe, die ich vor der Trennung war. Ich kann wieder unter Menschen gehen, kann alleine zu Hause bleiben und es mir schön gestalten. Ich fange an, das Alleinsein zu genießen, und das ist ein angenehmes Gefühl. Ich tue Dinge, die mir gut tun, gönne mir Ruhe, und ich kann auch mal ganz alleine etwas unternehmen, was ich in der Vergangenheit nie konnte, z. B. alleine ins Kino gehen. Und das Beste von all‘ dem: Ich schätze mich wieder selbst wert und gebe mir vor allem Selbstliebe. Ich brauche nicht mehr um alles in der Welt einen Partner, der mir das gibt. Sicherlich sehne ich mich oft nach Zweisamkeit und verfalle dann hin und wieder auch in Traurigkeit und dem Opfer-Dasein. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen und komme aus solchen Zustände auch wieder schnell heraus.“
„Ich habe wieder neuen Lebensmut. Und ich weiß, dass das Leben einen wieder auf die Sonnenseite des Lebens bringt, wenn man lange im Dunkeln war. Anfangs können wir uns das nicht vorstellen, aber eine Krise kann uns dabei helfen, uns neu zu orientieren und zu schauen, was das Leben mit uns vorhat und was wir mit unserem Leben vorhaben. Ich engagiere mich jetzt für ein Projekt, bei dem Menschen viel Zuwendung und liebevolle Fürsorge brauchen. So kann ich zumindest meine ungestillte Sehnsucht, Liebe zu geben, an andere weitergeben, und ich bekomme diese Liebe auch wieder zurück.“
„Es wird sicherlich noch eine Zeitlang dauern, bis ich mich wieder auf eine neue Liebesbeziehung einlassen kann, und das ist auch gut so. Aber ich weiß, dass ich mich wieder verlieben möchte und werde. Und darauf freue ich mich.“
„Ich sage allen Danke, die mich in dieser schwierigen Zeit so toll unterstützt haben. Ohne diese Menschen hätte ich das nicht geschafft.“
*Der Name wurde von der Redaktion geändert
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