Im Falle einer psychischen Erkrankung erleben nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch deren Angehörige die Veränderungen – im Verhalten, im Fühlen und Denken, im Miteinander. Die Auswirkungen auf die Gestaltung des (gemeinsamen) Alltags sind teilweise enorm. Es resultieren Unsicherheit, Sorgen und viele Fragen, gerade auch bei den nahestehenden Personen: Was braucht mein Partner, mein Kind, meine Mutter jetzt von mir? Was kann ich tun, was kann ich falsch machen?
Die Depression als eine der häufigsten psychischen Erkrankungen soll hier beispielhaft angeführt werden. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation leiden etwa 322 Mio. Menschen weltweit an Depressionen (WHO, 2017); für Deutschland geht man von etwa 5,3 Mio. erwachsenen Personen im Alter zwischen 18 und 79 Jahren aus, die im Laufe eines Jahres an einer depressiven Störung erkranken (www.deutsche-depressionshilfe.de; Jacobi, 2016). Kinder, Jugendliche und Menschen über 79 Jahren kommen hinzu.
Was kann ich tun? Für mein Gegenüber …
Da sein zu wollen, helfen zu wollen, den geliebten Menschen nicht leiden sehen zu wollen sind natürliche Impulse, die manchmal jedoch an der Erkrankung „abprallen“, nicht zum Partner, Kind oder Elternteil durchdringen. Dies nicht persönlich zu nehmen kann eine große Herausforderung darstellen, ist aber von großer Bedeutung. Auch sollte man dem/der Erkrankten nicht das Gefühl vermitteln, ihn/sie zu kontrollieren. Stattdessen: Ernst nehmen, ohne zu dramatisieren, darin unterstützen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und dabei das eigene Befinden nicht aus dem Blick verlieren. Schuldgefühle, Hilflosigkeit, Überforderung und Erschöpfung sind nicht nur Erlebensweisen der Betroffenen.
… und für mich selbst?
Psychische Erkrankungen verschwinden nicht von heute auf morgen und fordern auch von den Angehörigen ihren Preis. Sie haben genauso das Recht auf professionelle Unterstützung, sei es therapeutische Begleitung oder etwa der Besuch einer Selbsthilfegruppe. Letztlich geht es um eine unterstützende Kommunikation zwischen der erkrankten Person und ihren Angehörigen. Darum, Verständnis zu fördern, wo vorher Unsicherheit und Angst dominierten, Zuversicht zu spenden und Hoffnung zu wecken.
Gemeinsam die Krankheit bewältigen
Darüber hinaus spielt auch die Berücksichtigung der Angehörigen in der Therapie eine immer wichtigere Rolle, in allen Phasen des Krankheitsverlaufs. Partner, Eltern oder Kinder können eine wichtige Ressource darstellen und im Nachhinein sogar das Risiko für eine Wiedererkrankung reduzieren. Welche Rolle die Familie gerade für Personen spielt, die an einer Depression erkrankt waren, konnte eindrücklich in einer Studie japanischer Forscher demonstriert werden. Durch die Vermittlung von Informationen über die Erkrankung im Rahmen eines spezifischen Trainings sank die Rückfallquote bei den vormals Erkrankten deutlich, von 50 Prozent auf acht Prozent (Shimazu et al., 2011). Im Falle einer stationären Therapie kann für die Zeit danach ein gemeinsamer Plan erstellt werden: Was ist wichtig, um die Genesung weiter voranzutreiben? Wo sollte der/die Erkrankte unterstützt werden, und was geht vielleicht zu weit? Und woran erkennen Betroffene und Angehörige eine eventuell auftretende neue Krankheitsphase, um dann schnell und wirksam zu reagieren?
Unser Angebot
In den Heiligenfeld Kliniken in Bad Kissingen und Uffenheim bieten wir über das gesamte Jahr hinweg regelmäßige Angehörigentage, bei denen sich nahestehende Personen aktuell in Behandlung befindlicher Patient*innen vor Ort über das Therapiekonzept informieren können. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem individuellen, therapeutisch begleiteten Austausch zwischen Patient*in und Angehörigen, verbunden auch mit der Möglichkeit, ein vertiefendes Gespräch im Beisein des/der Bezugstherapeut*in zu führen. Dies kann helfen, Verständnis füreinander zu stärken, die Beziehung zu verbessern und das Risiko für ein Rezidiv zu verringern.