Kontakt

Begegnung hoch 3 – Hochsensibilität in Beziehungen

Eine Nahaufnahme von Gänseblümchen mit Tautropfen auf den Blütenblättern.

Wir Menschen sind soziale Wesen. Ohne den Austausch und das Miteinander wäre unsere Existenz nicht vorstellbar. Von Geburt an sind wir darauf angewiesen, in Beziehung zu treten – zunächst zu unseren Eltern oder Bezugspersonen, später zu Freundinnen, Partnerinnen und Kolleg*innen. Beziehungen sind der Spiegel, in dem wir uns selbst erkennen. Durch den Kontakt zu anderen Menschen lernen wir, wer wir sind, und entwickeln uns zu dem, was wir sein können.

Dieser Prozess ist jedoch kein einfacher. Beziehungen sind nicht nur Quelle von Freude, Vertrauen und Geborgenheit, sondern auch von Konflikten, Missverständnissen und Verletzungen. Alles, was uns ausmacht – unsere Ängste, Sehnsüchte, Werte und Schwächen – spiegelt sich in ihnen wider. Das macht Beziehungen sowohl unglaublich bereichernd als auch herausfordernd. Worte allein reichen oft nicht aus, um die Tiefe und Bedeutung dieses Themas vollständig zu erfassen.

Ein Aspekt, der in den letzten Jahren immer mehr Beachtung findet, ist die Rolle der Hochsensibilität in Beziehungen. Hochsensibilität ist kein neues Phänomen, doch erst seit einiger Zeit wird sie intensiver erforscht und gesellschaftlich anerkannt. Doch was bedeutet Hochsensibilität eigentlich? Und wie wirkt sie sich auf Beziehungen aus? Dieser Beitrag widmet sich genau diesen Fragen.

Was zeichnet hochsensible Personen aus?

Hochsensibilität beschreibt eine angeborene Eigenschaft, die etwa 15-20 % der Bevölkerung betrifft. Hochsensible Menschen nehmen Reize intensiver wahr – sowohl aus ihrer Umwelt als auch in ihrem Inneren. Sie sind besonders empfänglich für feine Nuancen, sei es in Stimmungen, Geräuschen, Gerüchen oder zwischenmenschlichen Dynamiken. Ihr Nervensystem verarbeitet Informationen tiefgehender, was einerseits zu einer großen Bereicherung führen kann, andererseits aber auch überfordern und erschöpfen kann. Hochsensibilität ist KEINE Krankheit. Sie ist ein Wesenszug oder ein Merkmal, ähnlich der Haarfarbe oder der Größe. 

Zu den typischen Merkmalen gehören Empathie und die Fähigkeit, sich leicht in andere hineinzuversetzen. Hochsensible Menschen reflektieren intensiv über ihre Erfahrungen und verleihen ihnen oft eine tiefere Bedeutung. Gleichzeitig können sie auf Reize wie Lärm, grelles Licht oder hektische Umgebungen besonders empfindlich reagieren. Ihre Gefühlswelt ist oft sehr intensiv, was sowohl positive als auch negative Emotionen einschließt. Um ihre Eindrücke zu verarbeiten, ziehen sie sich häufig zurück, um in Ruhe wieder aufzutanken.

Herausforderung für Beziehungen

Zwischenmenschlicher Kontakt bietet besondere Herausforderungen. Einerseits ist unser Alltag hiervon bestimmt – Begegnungen mit anderen Personen lassen sich für die absolute Mehrheit von uns so gut wie nicht vermeiden. Auch sind wir Menschen sozusagen von Natur aus auf diese Art von Kontakt „geprimt“, d.h. vorveranlagt, besonders aufmerksam und sensibel, auch ohne das Wesensmerkmal der Hochsensibilität. Unser Wahrnehmungsapparat analysiert Gesichter und Emotionen in Millisekunden, kategorisiert und bewertet. Vollkommen verständlich, wenn man sich die Entwicklung der Menschheit vor Augen führt, denn: Ein Gegenüber erkennen und einschätzen zu können war genauso überlebenswichtig wie der Kontakt zu einer Bezugsperson für das Neugeborene. Wen habe ich vor mir? Freund oder Feind?

Bei Menschen mit Hochsensibilität kann hier von einem noch größeren Wahrnehmungsbereich gesprochen werden. Die Feinfühligkeit registriert feinste Schwingungen in der Beziehung, nimmt Bedürfnisse wahr oder auch unausgesprochene Konflikte. Mitunter zögern Hochsensible, bleiben auf Abstand und zeigen sich weniger spontan. Extrovertiertes Auftreten, laut und dominant, verschreckt in vielen Fällen. Was rasch als „zu viel“ aufgefasst wird, kann beim Gegenüber für umgekehrte Reaktionen sorgen: „Was habe ich denn jetzt schon wieder gemacht?“, „Was für eine Mimose!“ oder „Du bist so langweilig!“

Hierdurch kann eine Wunde aufgerissen werden, die Hochsensiblen bereits in ihrer Kindheit zugefügt wurde. Denn vielen Eltern fehlte oder fehlt das Verständnis für diese Eigenschaft. Zwar gilt Hochsensibilität als angeboren, doch heißt dies nicht automatisch, dass Kinder auf gleichermaßen empfindsame Mütter und Väter treffen, die überdies noch ein entsprechendes Selbstverständnis besitzen. Allzu häufig wird bereits von Anfang an – sobald sich Verhaltensweisen bei den betroffenen Kindern zeigen, die nicht „der gesellschaftlichen Norm“ entsprechen – versucht, hier Veränderungen zu bewirken, abzuhärten, das Kind zu einem „normalen Verhalten“ zu erziehen. Das Resultat dieser Bemühungen ist ein tiefsitzendes Gefühl der „Andersartigkeit“, verbunden mit dem Erleben von mehr oder minder subtiler Ablehnung und Verurteilung. Die Eltern mögen es „nur gut“ meinen, bewirken schlussendlich aber in vielen Fällen, dass Hochsensible sich selbst nur schwer annehmen können, ihre Empfindsamkeit genauso ablehnen und späteren Begegnungen stets mit großer Vorsicht und ängstlich entgegengehen.

Wie gelingen Beziehungen mit hochsensiblen Menschen?

Für eine erfolgreiche Beziehung mit einer hochsensiblen Person – sei es als Partnerin, Freundin oder Familienmitglied – sind Verständnis, Kommunikation und gegenseitiger Respekt entscheidend. Hier sind einige Tipps:

  • Offene Kommunikation: Hochsensible Menschen profitieren von einem offenen Austausch über Bedürfnisse und Gefühle. Dies schafft Klarheit und verhindert Missverständnisse.

  • Rückzugszeiten respektieren: Es ist wichtig, die Ruhepausen hochsensibler Menschen zu akzeptieren und nicht persönlich zu nehmen.

  • Gegenseitige Achtsamkeit: Hochsensible Personen neigen dazu, viel für andere zu geben. Partner*innen können helfen, indem sie darauf achten, dass ihre hochsensiblen Liebsten sich nicht überfordern.

  • Grenzen setzen: Hochsensible Menschen dürfen lernen, ihre eigenen Grenzen klar zu kommunizieren, um sich selbst zu schützen.

  • Bewusste Zeitgestaltung: Gemeinsame Aktivitäten, die beiden guttun – wie Spaziergänge in der Natur oder ruhige Gespräche – können die Beziehung stärken.

Chancen sehen im Hier und Jetzt

Frühere Beziehungserfahrungen bestimmen unsere Erwartungen an zukünftige Beziehungen. Das ist die eine Seite. Andererseits bieten neue Erfahrungen im „Hier und Heute“ die große Chance, frühere Verletzungen zu lindern und deren Wirkung auf unser Verhalten zu verringern. Natürlich braucht es zunächst eine gewisse Portion Mut; umso mehr, je problematischer die zurückliegenden und unseren Beziehungsstil größtenteils prägenden Begegnungen waren. Hier kann auch therapeutische Hilfe erforderlich sein, um sich überhaupt zu trauen, anderen Erfahrungen eine Chance zu geben. Denn natürlich besteht immer auch das Risiko, ein weiteres Mal verletzt zu werden. Der Kontakt zu einem speziell ausgebildeten Therapeuten stellt manchmal einen „Türöffner“ dar: Ausgehend von der sicheren Basis der verständnisvollen und ermutigenden therapeutischen Beziehung fällt es Schritt für Schritt leichter, sich privaten Beziehungen zu öffnen. Und hierdurch vielleicht aufgrund der Hochsensibilität eine Tiefe des Kontakts zu erfahren, eine Befriedigung und Bereicherung, wie sie vorher noch nicht erlebt wurde.

Die Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen und die Heiligenfeld Klinik Uffenheim bieten Menschen mit Hochsensibilität einen besonderen Rahmen, um Beziehungen zu erleben und zu gestalten, mit anderen und mit sich selbst. Denn neben dem Verständnis von außen spielt vor allem auch die eigene Haltung zur Hochsensibilität eine zentrale Rolle: Kann ich mich so akzeptieren, wie ich bin? Schaffe ich es, meine Bedürfnisse und Grenzen zu vertreten und mich entsprechend zu verhalten? In einer haltgebenden therapeutischen Gemeinschaft werden Patienten mit psychischen und psychosomatischen Beschwerden darin unterstützt, das eigene Leben befriedigender und für sich selbst gelingender zu gestalten – und Personen mit Hochsensibilität werden darin bestärkt, ihre Individualität anzunehmen und ihr Potenzial zu erkennen.

Zuletzt aktualisiert am 23.01.2025

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Christian Memmel ist Online-Marketingmanager und schreibt für den Heiligenfeld Blog.
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