„Sensibelchen“, „Sei doch nicht so empfindlich“ oder „Du musst dir mal ein dickeres Fell zulegen“. Das sind nur einige der Dinge, die hochsensible Menschen oft über sich selbst hören. Einher geht die Frage damit „Was stimmt eigentlich nicht mit mir?“ Menschen mit hochsensiblen Wesenszügen merken früh, dass sie anders sind als andere. Studien zufolge haben drei bis 25 Prozent der Menschen dieses Persönlichkeitsmerkmal.
Hochsensiblen Personen fällt es oft schwer, sich selbst mit ihren Bedürfnissen vollständig anzunehmen. Sie lehnen die Merkmale ihrer feinen Wahrnehmung ab oder verstehen diese sogar als etwas Krankhaftes. „Hochsensible Personen sind oft überstimuliert und haben eine niedrige Reizschwelle“, erklärt Dr. Hans-Peter Selmaier, Chefarzt der Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen. Als erste Psychosomatische Klinik in Europa wurde dort ein Behandlungskonzept für hochsensible Menschen entwickelt, die an einer psychosomatischen Erkrankung wie Depression oder Angststörung leiden.
„Hochsensible Menschen nehmen ihre Umwelt viel intensiver wahr als durchschnittlich sensible Personen und reagieren auf kleinste Veränderungen. Sie verarbeiten aufgenommene Informationen tiefer und intensiver. Außerdem haben sie ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen (Empathie) und können spüren, was andere Menschen fühlen oder was sie brauchen“, so Selmaier weiter. Wegen dieser Gabe, die sich in der Kindheit schon manifestiert und von der Außenwelt oft falsch interpretiert und missverstanden wird, entwickeln hochsensible Menschen häufig ein unbewusstes Muster von „Ich bin anders, ich bin nicht in Ordnung, ich gehöre nicht dazu.“
„Hochsensibilität ist keine Krankheit, sondern ein Wesenszug, der Fluch und Segen zugleich sein kann“, sagt Dr. Selmaier. Denn hochsensible Personen besitzen eine Reihe von Eigenschaften, die sie zu Vorreitern unserer Zukunft machen. Sie sind empathisch, haben einen Sinn für Ästhetik und die schönen Dinge des Lebens, haben eine ausgeprägte Intuition und eine große Vorstellungskraft. Sie erkennen Chancen, Ressourcen und Gefahren schnell, denken analytisch und erfassen komplexe Zusammenhänge. Sie können durch ihre Emotionalität, Begeisterungsfähigkeit und ihr Mitgefühl andere anstecken und etwas vorantreiben. Außerdem sind sie gute Zuhörer und vermitteln ihrem Gegenüber dadurch Interesse und Anteilnahme.
Schnell an der Grenze
„Durch ihre feine Wahrnehmungsfähigkeit kommen hochsensible Personen schneller an ihre Grenzen. Sie fühlen häufig die Last der Welt auf ihren Schultern und können sich schwer von anderen abgrenzen“, sagt Dr. Selmaier. Die Reizüberflutung kann zu starken emotionalen Reaktionen führen. Es entstehen innere Unruhe, Schlafstörungen oder psychosomatische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen. „Lernen Betroffene aber durch z. B. Achtsamkeitsübungen, Entspannung und Stille auf sich zu hören und sich abzugrenzen, können sie ihr wahres Potenzial erst richtig entfalten. Denn dann bleiben sie gesund und können ihre Gabe – die es ja unweigerlich ist – zielgerichtet einsetzen.“
In der Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen wurde für Menschen mit psychosomatischen Erkrankungen und hochsensiblen Wesenszügen ein eigenes Behandlungskonzept entwickelt. Das Therapieangebot orientiert sich sowohl an den spezifischen Bedürfnissen der Betroffenen als auch an den Zielen der Behandlung. „Wir wollen bei unseren Patient*nnen ein verbessertes Verständnis für das Wesensmerkmal ‚Hochsensibilität‘ erreichen. Was ist das überhaupt? Woran erkenne ich Hochsensibilität? Welche Auswirkung hat meine Hochsensibilität auf meine Beziehungen, meine Arbeit, auf mein Leben insgesamt?“, beschreibt Dr. Selmaier das Therapieangebot. „Wichtig ist uns, dass hochsensible Menschen auch von den anderen therapeutischen Angeboten profitieren. Sie kommen ja nicht wegen der Diagnose „Hochsensibilität“, sondern „Depression“ oder „Angst“ in unsere Klinik. Es ist uns ein zentrales Anliegen, unseren Patient*innen dabei zu helfen, ihre Hochsensibilität als Segen wahrzunehmen. Wenn ihnen das gelingt, können sie unsere Umwelt jeden Tag ein bisschen menschlicher, authentischer und schöner machen.“
Inhalte der Therapie
- Besonderheiten der Hochsensibilität – als Ressource und Herausforderung
- Umgang mit Stress und die Bedeutung der Selbstfürsorge
- Einfluss der Hochsensibilität auf die Gestaltung von Beziehungen, das soziale Umfeld und das Berufsleben
- Rolle der Hochsensibilität und die Reaktionen des Umfelds in Vergangenheit und Gegenwart
- Sprechstunde für Hochsensibilität mit der Möglichkeit, im persönlichen Gespräch noch individueller auf spezielle Bedürfnisse und Besonderheiten einzugehen
Ziele der Behandlung
- Verbesserung der Abgrenzungsfähigkeit
- Selbstwertaufbau
- Förderung der Bewusstheit für das eigene Potenzial
- Auseinandersetzung mit eventuell vorhandenen traumatischen Erlebnissen, deren Verarbeitung und Integration
- Vermittlung und Förderung von Fertigkeiten zum Umgang mit intensiven Gefühlen und Reizen
- Verbessertes Verständnis für die eigene Biografie, für das eigene „So-Geworden-Sein” unter dem Blickwinkel der Hochsensibilität
Chakra-Meditation
Dr. med. Hans-Peter Selmaier
Dr. med. Hans-Peter Selmaier ist Arzt für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Psychoanalyse sowie für Innere Medizin. Als Chefarzt leitet er die Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen und als stellv. Ärztlicher Direktor ist er mitverantwortlich für den gesamten Medizinischen Bereich der Heiligenfeld Kliniken.
Dr. med. Hans-Peter Selmaier
Dr. med. Hans-Peter Selmaier ist Arzt für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Psychoanalyse sowie für Innere Medizin. Als Chefarzt leitet er die Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen und als stellv. Ärztlicher Direktor ist er mitverantwortlich für den gesamten Medizinischen Bereich der Heiligenfeld Kliniken.
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