Mareike Linz (Name auf Wunsch der Patientin geändert) ist Mitte fünfzig und seit neun Wochen Patientin in der Parkklinik Heiligenfeld. “Eigentlich bin ich direkt von meinem Arbeitsplatz in die Klinik gekommen. Ich war nur ganz kurz krankgeschrieben”, erzählt sie. Mareike Linz arbeitet seit vielen Jahren im juristischen Bereich. Eine 60 bis 70 Stundenwoche mit Wochenendarbeit war eher die Regel anstatt eine Ausnahme. Außerdem ist sie beruflich viel mit persönlichem Leid konfrontiert “Irgendwann wurden meine psychosomatischen Beschwerden wie Schlafstörungen und Kreislaufprobleme so stark, dass keine Tabletten mehr halfen. Mein Arzt behauptete schon seit längerem, es sei psychosomatisch.
Ich dachte einfach: Gib mir ein paar Tabletten und drei Wochen Ruhe, dann geht es schon wieder”, sagt Linz. Aber so war es nicht. Als der Arzt warnte, dass die nächste Nachricht von ihr entweder der Herzinfarkt, ein Schlaganfall oder ein Nervenzusammenbruch sein würde, kam Mareike Linz ins Nachdenken. “Schließlich kam ich mit der Diagnose schwere Erschöpfungsdepression in die Parkklinik Heiligenfeld, hatte allerdings keine zu großen Erwartungen. Ich konnte mir das alles nicht vorstellen.”
In der Klinik angekommen, wurden die Vorstellungen schnell konkreter. “Ich probierte viele therapeutischen Angebote aus, von der Achtsamkeitsgruppe bis hin zum Malen. Für mich selbst konnte ich über keines dieser Angebote zur Ruhe kommen, auch wenn ich sie als wertvoll empfunden habe”, berichtet Maririeike Linz. “Als ich über die Empfehlung meines Bezugstherapeuten in die Tanztherapie bei Helga Köhler kam, war das für mich wie eine Art Schlüsselerlebnis. Ich hatte aus der Vielzahl der Angebote genau das Richtige für mich gefunden!”
Reise zu sich selbst in der Tanztherapie
Die Tanztherapie beschreibt Mareike Linz als eine Reise zum inneren Ich, der man sich nicht entziehen kann. Es gehe nicht darum, tänzerische Aspekte zu erlernen, sondern Kontakt zwischen Körper und Seele herzustellen, sagt sie. “Über die Entspannung konnte ich einen individuellen Weg finden, meine tieferliegenden Probleme zu spüren”, erklärt sie ihre Erfahrungen. “Durch meinen Beruf war ich es gewohnt, meine Gefühle abzuspalten. Ähnlich wie ein Arzt, habe ich schlimme Erlebnisse nicht an mich herangelassen. Das führte aber auch dazu, dass ich Gefühle wie Wut oder Angst nicht mehr richtig empfunden habe. In der Tanztherapie habe ich diese Gefühle gespürt und durch die Unterstützung der Musik und durch unsere Therapeutin, die ich als äußert kompetent und unterstützend erlebt habe, war meine Reaktion dementsprechend groß.
Ich habe viele aufdeckende Erkenntnisse gewonnen, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Diese konnte ich dann entweder in den anderen Gruppentherapien, meiner Kerngruppe oder der Einzeltherapie bearbeiten oder es half mir einfach nur, sie mir bewusst zu machen. Eine davon ist z. B., dass ich beruflich häufig geringe Wertschätzung erlebt, diese Erfahrung aber nie rausgelassen habe. Manches, was man in der Tanztherapie erlebt, braucht im Nachgang eine therapeutische Begleitung, manches aber auch nicht”, beschreibt Mareike Linz. Außerdem sei durch die Tanztherapie die Leichtigkeit und Beschwingtheit wieder in ihr Leben zurückgekehrt, die lange Zeit viel zu kurz gekommen sei.
Tanztherapie als Ausweg aus der “Kopfsteuerung“
Vor allem Menschen wie sie selbst mit starker “Kopfsteuerung”, wie sie es nennt, seien in der Tanztherapie gut aufgehoben. “Für mich war es z. B. schwierig über Atemtechniken zur Ruhe zu kommen. Ich war innerlich so aufgewühlt, dass sie mich erst einmal aggressiv gemacht haben. Über die Tanztherapie bekam ich einen Zugang zu mir selbst und konnte auch wieder besser entspannen. Besonders hat es mir gefallen, dass wir ein Thema vorgegeben bekamen, innerhalb dessen jeder Patient seinen eigenen Weg finden konnte, damit tänzerisch umzugehen. In der letzten Stunde ging es z. B. darum, sich zu sammeln, ein Ziel zu formulieren, sich den Weg dahin klar zu machen, sich aufzubauen, Kräfte zu sammeln und dann den Weg auch gegen Hindernisse zu gehen. Die Vorstellung davon, dass ich meinen Weg gehen werde, gab mir ungeheure Kraft”. Und diesen Weg wird Mareike Linz bald gehen. In zwei Wochen wird sie die Klinik verlassen und sich beruflich neu orientieren. Gerne möchte sie ihr Wissen an Schüler weitergeben. “Ich habe in den letzten Jahren so viele Trümmer gesehen. Jetzt ist es Zeit, dass ich mal etwas beim Wachsen beobachte”, sagt Mareike Linz zum Abschluss.
Vielen Dank für das tolle Gespräch!
3 Antworten
Ich bin bei einer Tanzschule angemeldet gewesen und habe die Tanztherapie dort quasi selbst erfahren. Wie Sie beschreiben, empfinde ich das Tanzen als eine Auseinandersetzung mit meinem inneren Ich. Man spürt sich selbst auf eine andere Art und Weise. Vielen Dank für Ihren Beitrag zum Tanzen als Therapiemethode.
Liebe Heiligenfelder,
die Artikel über Tanz- und Körpertherapie kommen genau zum richtigen Zeitpunkt für mich. Allerdings sind die Daten ziemlich veraltet, die dort angegeben sind. Ich nehme an, das hat mit Corona zu tun. Trotzdem würde ich mir eine aktuelle Info wünschen, was im Moment möglich ist und was nicht.
Herzlichen Dank schon mal.
U. Keller
Liebe Frau Keller,
vielen Dank für Ihren Hinweis. Da der Beitrag schon ein bisschen älter ist, waren auch die Veranstaltungstipps älter. Gerne können Sie aber bei unserer Akademie Heiligenfeld nach den aktuellen Terminen schauen.
Unter folgendem Link finden Sie alles zu “Tanz und Musik” https://www.akademie-heiligenfeld.de/tanz-und-musik/
Und hier alles zu “Kunst und Ausdruck”” https://www.akademie-heiligenfeld.de/tanz-und-musik/
Wir werden aber in Zukunft auch wieder mehr darauf achten, die passenden Angebote zu den Blogbeiträgen rauszusuchen.