Als Somatoforme Störungen bezeichnet man das Auftreten von körperlichen Beschwerden, ohne dass ihnen eine organische Ursache zugrunde liegt. Oftmals braucht es Jahre und mehrere Ärzte, bevor die Störung diagnostiziert wird. Die Patient*innen leiden zum einen an den körperlichen Symptomen, aber auch psychisch unter der Ungewissheit ihres Zustandes. Ein normaler Alltag ist so für viele Betroffene nicht mehr möglich.
Sven Steffes-Holländer, Chefarzt der Heiligenfeld Klinik Berlin, beantwortet kurz und knapp die wichtigsten Fragen rund um diese Erkrankung.
Wie können Somatoforme Störungen den Alltag beeinträchtigen?
Somatoforme Störungen können den Alltag erheblich beeinträchtigen. Die körperlichen Symptome können dazu führen, dass Betroffene Schwierigkeiten haben, ihre täglichen Aufgaben zu erledigen oder ihre Arbeit auszuführen. Auch die Beziehungen zu Freundeskreis und Familie können durch die Erkrankung belastet werden und zu zunehmender sozialer Isolation führen. Auch die vielen Arztbesuche, diagnostischen Tests und Behandlungen kosten Zeit und Geld und beeinflussen somit den Alltag. Natürlich ist es aber unabdingbar, eine organische Ursache für die Beschwerden vorab auszuschließen.
Welche körperlichen Symptome treten bei Somatoformen Störungen typischerweise auf?
Zu den typischen körperlichen Symptomen gehören Schmerzen, Müdigkeit, Verdauungsprobleme, Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel. Diese Symptome können jedoch von Person zu Person unterschiedlich sein. Die Schwere der Symptome und die individuellen Bewältigungsmechanismen spielen eine Rolle bei der Beeinträchtigung des Alltags. Eine angemessene medizinische und psychologische Unterstützung kann helfen, die Auswirkungen zu reduzieren und die Lebensqualität zu verbessern.
Wie können Somatoforme Störungen von anderen körperlichen Erkrankungen unterschieden werden?
Es kann schwierig sein, Somatoforme Störungen von körperlichen Erkrankungen zu unterscheiden, da die Symptome sehr ähnlich sein können. Eine gründliche körperliche Untersuchung und weiterführende Diagnostik können dazu beitragen, körperliche Ursachen auszuschließen. Hinweise können sein, dass keine medizinische Ursache gefunden wird, die Symptome aber über einen längeren Zeitraum anhalten und sich kaum verändern, auch wenn eine Behandlung eingeleitet wird. Außerdem beeinflussen psychosoziale Faktoren wie Angst, Stress etc. die Stärke der Beschwerden. Auch fehlende Anomalien in bildgebenden Verfahren können darauf hinweisen, dass es sinnvoll sein kann, die Beschwerden psychotherapeutisch bewerten zu lassen, um festzustellen, ob die Symptome möglicherweise auf psychologische Faktoren zurückzuführen sind. Generell sollte bei körperlichen Symptomen berücksichtigt werden, dass diese in vielen Fällen auch auf psychosomatische Leiden zurückzuführen sind. Wichtig ist an dieser Stelle aber auch zu sagen, dass sich Betroffene die Beschwerden nicht einbilden. Sie sind da und in der individuellen Wahrnehmung vorhanden. Körper und Psyche sind einfach untrennbar miteinander verbunden. Das müssen wir oft aber erst einmal verstehen und annehmen.
Was können Betroffene tun? Wie können Somatoforme Störungen behandelt werden?
Die Behandlung von Somatoformen Störungen umfasst oft meist eine Kombination aus Psychotherapie und anderen Therapiemethoden. Psychotherapie kann helfen, die zugrundeliegenden psychologischen Faktoren zu identifizieren und zu behandeln, die zu den körperlichen Symptomen führen. Andere Therapiemethoden können auch helfen, wie z. B. Entspannungsübungen oder Bewegungstherapie. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Behandlung individuell auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten abgestimmt sein muss.
Wie können Betroffene ihre Symptome selbst lindern?
Betroffene können ihre Symptome selbst lindern, indem sie gesunde Lebensgewohnheiten pflegen, wie z. B. regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung und ausreichend Schlaf. Entspannungsübungen tragen auch maßgeblich zum Wohlbefinden bei.
Können Somatoforme Störungen auch bei Kindern und Jugendlichen auftreten?
Ja, Kinder können körperliche Symptome wie Bauchschmerzen oder Kopfschmerzen entwickeln, die keine medizinische Ursache haben. Auch in dieser Altersgruppe treten die Beschwerden meist in Phasen größerer Stressbelastung auf (Schulstress, Trennung der Eltern u. ä.).
Können Somatoforme Störungen chronisch werden?
Ja, dies kann passieren, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können dazu beitragen, das Fortschreiten der Störung zu verhindern und die Symptome zu lindern.
Kann eine Somatoforme Störung zu anderen psychischen Erkrankungen führen?
Ja, bei Somatoforme Störungen gibt es eine große Schnittmenge zu anderen Erkrankungen. Depressionen und Angstzustände können bei Betroffenen auftreten, die sich aufgrund ihrer Symptome isoliert oder frustriert fühlen. Es ist wichtig, dass Betroffene ihre Symptome ernst nehmen und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, um eine Verschlechterung ihrer Symptome und eine Entwicklung anderer psychischer Erkrankungen zu verhindern.
Somatoforme Störung:
Wenn die Psyche streikt
Behandlung Somatoformer Störungen
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Sven Steffes-Holländer
Sven Steffes-Holländer ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie Chefarzt der Heiligenfeld Klinik Berlin .