Bossing: Schikaniert vom Chef

„Arbeit ist das halbe Leben“ Wer hat diesen Spruch noch nicht gehört? Doch was, wenn dieses „halbe Leben“ die Hölle ist? Was, wenn der Chef Sie vor versammelter Mannschaft lächerlich macht, Ihnen Fehler unterstellt oder sogar Zuständigkeiten entzieht? Das kommt Ihnen bekannt vor? Dann sind Sie vielleicht schon einmal mit „Bossing“ in Berührung gekommen.

Definition: Was ist Bossing?

Bossing ist Mobbing – und zwar durch den Chef! Während bei dem, was man üblicherweise unter Mobbing versteht, Opfer und Täter auf derselben Stufe stehen, sind beim Bossing die Machtverhältnisse deutlich verschoben. Das Opfer ist ein Mitarbeiter und steht in der Betriebshierarchie deutlich unter dem Täter, daher bezeichnet man dieser Art des Mobbings auch als „downward bullying“ (Anm.: engl. „to bully“ = jemanden schikanieren): Also Mobbing nach unten. Der Mitarbeiter ist dabei über längeren Zeitraum der Schikane des eigene Vorgesetzten ausgesetzt, was die psychische Gesundheit stark beeinträchtigen kann.

Ursachen: Warum praktiziert mein Chef Bossing?

Oftmals ist Bossing Mobbing mit System. Willkürlich erscheinenden Anfeindungen liegen einer bestimmten Absicht oder Ursache zu Grunde, die nicht immer sofort durchschaut werden können. Häufig suchen Betroffene den Grund des Bossings deshalb fälschlicherweise bei sich selbst. Ein Perspektivwechsel kann jedoch dabei helfen die eigentlichen Gründe zu identifizieren.

1. Wirtschaftliche Interessen

Häufig mobbt der Vorgesetzte seinen Mitarbeiter dann, wenn er vergrault werden soll. Wer einen besonderen Kündigungsschutz genießt oder aus anderen Gründen nur schwer entlassen werden kann, könnte zur Zielscheibe für Bossing-Attacken werden. Das Opfer soll so nach und nach eingeschüchtert und zermürbt werden, bis es sich schließlich von selbst entschließt zu gehen. Kündigt der Mitarbeiter selbst hat er schließlich kein recht auf eine Abfindung.

2. Kritikunfähigkeit und fehlende soziale Kompetenzen

Fehlende soziale Kompetenzen zur Konfliktbewältigung und Annahme von Kritik auf Seiten des Vorgesetzen können in einem negativen Arbeitsumfeld resultieren. Der Vorgesetzte sieht die Kritik nicht als konstruktive Verbesserungsmöglichkeit an, sondern eine Anzweiflung seiner Eignung. Als Resultat kritisiert und mobbt er selbst seinen Kritiker, den eigenen Mitarbeiter.

3. Konkurrenzgedanke und Machtmissbrauch

Es besteht die Möglichkeit, dass sich der Vorgesetzte durch die Fähigkeiten und Skills des betroffenen Mitarbeiter in seiner Position bedroht fühlt. Der Mitarbeiter “stielt” aus Perspektive des Vorgesetzten die eigenen Anerkennung und soll deshalb mit Absicht klein gehalten werden, wobei er seine Macht innerhalb des Unternehmens für eigene Zwecke ausnutzt.

4. Persönliche Differenzen und Probleme

Zuletzt sind persönliche Differenzen als Ursache des Bossings nicht auszuschließen. So können private Angelegenheiten untereinander oder eine allgemein aufkommende Antipathie zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten ebenfalls Auslöser sein.

Bossing-Checkliste: Woran erkenne ich Bossing?

Bossing auch als solches zu erkennen ist nicht immer leicht. Es ist jedoch der erste Schritt sich des Problems bewusst zu werden und gegebenenfalls zu reagieren. Allgemein gilt immer: Ein Bossing-Täter gibt seinem Opfer keine Chance zu glänzen. Ein Vorgesetzter der Mobbing betreibt, lässt sich dabei durch unterschiedliche Anzeichen identifizieren, wobei sich Bossing sowohl auf persönlicher als auch auf Arbeitsebene zeigt:

  • Bewusste Zuteilung überfordernder/unterfordernder Aufgaben
  • Entzug von Befugnissen
  • Streichen von Privilegien 
  • Schlechte Beurteilungen der Arbeitsleistung
  • Dauerhafte Überwachung der Arbeit
  • Demütigung und Schikane (vor dem Team)
  • falsche Behauptungen und Unterstellungen
  • Bewusstes Vorenthalten von Informationen
  • Anstiftung der Kollegen zur Isolation
  • Ausgrenzung am Arbeitsplatz und von Teamaktivitäten
  • Unpassende und sexistische Anspielungen

 

Folgen von Bossing

Wie jede Art des Mobbings ist auch Bossing nicht als harmlos anzusehen. Ganz im Gegenteil: Bossing ist seelisch massiv belastend, gefährdet die berufliche Laufbahn der Betroffenen und ist – nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Machtverhältnisse zwischen Täter und Opfer – ein besonders perfides Spiel mit den Gefühlen anderer. Seinen Mitarbeitern den Arbeitsalltag zur Hölle zu machen, ist kein Kavaliersdelikt sondern ein Angriff auf die Psyche.

Burnout, Boreout, Depression und Angstzustände sind nur einige der Folgen, die aus der Schikane des Bosses hervorgehen können. Forderungen nach ständiger Erreichbarkeit, überfordernde oder unterfordernde Aufgabe sowie eine ständige Leistungsüberwachung stellen eine enorme Stresssituation dar. Unverhältnismäßige Kritik und Demütigungen nagen am Selbstvertrauen und drücken das Selbstwertgefühl. Die Motivation lässt nach und Krankschreibungen nehmen zu.Betroffene können so regelrecht in ein Loch fallen, aus dem sie selbst nach einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses, nicht mehr heraus kommen. Arbeitslosigkeit, die im schlimmsten Fall die eigene Existenz bedroht, sind die Folge.

Was kann ich gegen Bossing tun?

Zunächst ist es für Bossing-Opfer wichtig sich vor Augen zu halten, dass sie nicht für die Behandlung verantwortlich sind, die sie durch ihren Chef erfahren. Sie sollten Bossing-Attacken unbedingt als das wahrnehmen, was sie sie sind: heimtückische Angriffe auf ihr Selbstwertgefühl. Den Kontakt zu Menschen zu suchen, die ihnen in dieser belastenden Situation helfen können, ist dann der nächste Schritt. Auf betrieblicher Ebene könnte das der Betriebsrat oder auch eine Gewerkschaft sein. Gerade wer mit Existenzängsten zu kämpfen hat, kann sich an diesen Stellen zum Thema Kündigungsschutz beraten lassen. Wer sich mutig genug fühlt, um in die Offensive zu gehen, kann auch bei der nächsten Führungsebene anklopfen und sich über seinen direkten Vorgesetzten beschweren.

Grundsätzlich ist jedoch eher davon abzuraten einen Kleinkrieg gegen den eigenen Chef zu beginnen und viel Zeit und Energie in die Widerlegung von dessen Äußerungen zu investieren. Es ist ein nervenzehrendes und zeitaufwändiges Unterfangen die eigene „Unschuld“ (beispielsweise mithilfe von Besprechungsprotokollen) nachweisen zu wollen, wenn am Ende ohnehin keine Versöhnung mehr vorstellbar ist. In vielen Fällen bleibt der einzige Ausweg aus einer Bossing-Situation die Kapitulation. Wer in Erwägung zieht seine Stelle aufzugeben, sollte den Abschied vom Unternehmen jedoch keinesfalls als Schmach, sondern als Befreiung begreifen – eine Chance sich einer neuen, mental und sozial lohnenderen Aufgabe zu widmen.

Sich als Bossing-Opfer psychologische Unterstützung zu holen kann ein entscheidender Faktor sein, wenn es darum geht sich aus der Situation zu befreien und persönliche Attacken zu verarbeiten. Die Konsequenzen des Mobbings beschränken sich nämlich längst nicht nur auf die Aufgabe einer Arbeitsstelle. Die Heiligenfeld Kliniken können dabei unterstützen in ein erfülltes (Berufs-)Leben zurückzufinden. In Bad Kissingen und Berlin werden Kurz- und Langzeittherapien angeboten, die Ihnen helfen können das Bossing-Tief zu überwinden.

Zuletzt aktualisiert am 17.04.2024

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2 Antworten

  1. […] Ein anderer Begriff, der im Zusammenhang mit Mobbing existiert, lautet „Bullying“. Er kommt vom englischen Verb „to bully“, was sich mit „drangsalieren“, „tyrannisieren“ oder „quälen“ übersetzen lässt. Diese deutlich drastischere Bezeichnung verwendet man im englischsprachigen Raum anstelle des bei uns geläufigen „Mobbing“. Doch auch im Deutschen findet der Begriff Verwendung, insbesondere dann, wenn es um Mobbing unter Kindern oder Schülern geht. Der Mobber oder Täter wird dann auch häufig als „Bully“ bezeichnet. Wenn es um Mobbing unter Erwachsenen, speziell durch einen Vorgesetzten am Arbeitsplatz, geht, spricht man hingegen von Bossing. […]

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