Die gewaltfreie Kommunikation (GfK) ist ein Konzept, das vom Psychologen und international bekannten Mediator Marshall B. Rosenberg entwickelt wurde. Es soll Menschen ermöglichen, so miteinander umzugehen, dass der Kommunikationsfluss langfristig zu mehr Vertrauen und Freude am Leben führt. Im Vordergrund steht eine wertschätzende Beziehung zu entwickeln, die langfristig mehr Kooperation und gemeinsame Kreativität im Zusammenleben ermöglicht.
Rosenberg unterscheidet zwei Arten zwischenmenschlicher Kommunikation, die gewaltfreie Kommunikation und die lebensentfremdende Kommunikation. Zur visuellen Veranschaulichung wird in Vorträgen und Seminaren dies auch „Giraffensprache“ und „Wolfssprache“ genannt.
Die "Wolfssprache"
Der Wolf bewertet, klassifiziert nach Eigenschaften wie gut/böse, gerecht/ungerecht, gesund/krank oder verurteilt seinen Kommunikationspartner, wie zum Beispiel „ich fühle mich provoziert“ oder „ich bin enttäuscht“.
Er analysiert und er weiß immer was mit anderen nicht stimmt bzw. was sie falsch machen. Wölfe leugnen die Verantwortung für ihre eigenen Gefühle und Handlungen, wie zum Beispiel „Ich fühle mich so, weil du mich mies behandelst“ oder „Ich muss das tun, weil das xy so will“ oder „Ich bin halt so, weil es mir zur Zeit so schlecht geht“.
Was noch ganz typisch für Wölfe ist, sie stellen Forderungen anstatt zu bitten. Der Unterschied zwischen Bitte und Forderung liegt in der Konsequenz dessen, was passiert, wenn das Gegenüber die Bitte ablehnt. Bei der Forderung drohen häufig Sanktionen, zum Beispiel Strafe, aber auch durch das Erzeugen von Angst und Schuldgefühlen zum Beispiel durch Schweigen oder Vorwürfen. Er achtet auf Regeln und Normen und „seiner Art“ der Gerechtigkeit, fühlt sich meist im Recht und sucht sofort nach Schuldigen. Allerdings resultiert daraus auch, dass er bei wolfsähnlichen (wertenden, kritisierenden) Aussagen an seine Adresse sich sofort schlecht, angegriffen, verletzt, schuldig oder nicht respektiert fühlt, was automatisch weitere wölfische Verhaltensweisen wie Gegenattacken, Rechtfertigungen oder Verschließen auslöst. Somit sind Wölfe und Wölfinnen meist in einem emotionalen, mentalen und verbalen Krieg.
Haben Sie schon einen Wolf in Ihrem Umfeld entdeckt? Vielleicht haben Sie aber auch einige Eigenschaften des Wolfes bei sich selbst gefunden?
Nach der Theorie der gewaltfreien Kommunikation ist die Wolfsprache ein missglückter Versuch, ein Bedürfnis auszudrücken. Erwarten wir nicht oft, dass andere unsere Bedürfnisse selbstverständlich kennen? Nur wer seine Bedürfnisse und Gefühle kennt, kann sie auch offen kommunizieren. Ein Tipp: Gehen Sie Ihren Bedürfnissen auf den Grund. Finden Sie heraus, was Ihnen wirklich wichtig ist und was Sie für Ihr Leben und Ihr Glück brauchen.
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Die "Giraffensprache"
Die “Giraffe” dagegen spricht und hört mit dem Herzen. Wie treffend. Sie ist nach meinem Wissen auch das Landtier mit dem größten Herzen. Sie achtet auf ihre Gefühle und ist sich der dahinter liegenden Bedürfnisse bewusst. Aber sie besitzt auch das Einfühlungsvermögen für den Anderen, denn sie achtet auch auf dessen Empfindungen bzw. versucht dessen Bedürfnisse herauszufinden.
Sie trennt Beobachtung und Bewertung und bittet und wünscht, statt zu fordern. Sie nimmt Angriffe, Vorwürfe, Kritik und Beleidigungen nicht persönlich, sondern sie versucht dies in Gefühle und unerfüllte Bedürfnisse zu übersetzen. Sie fragt einfühlsam nach.
In jedem Wolf steckt eine Giraffe. Wolf und Giraffe ist stets ein Teil von mir, sind stets Teile von uns und gehört zu jedem einzelnen von uns. Es geht aber darum, bewusst zu sein und frei wählen zu können. Was ist der Situation angemessen? Was ist gerade sinnvoll? Ist es stimmig?
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Vier Schritte zur gewaltfreien Kommunikation
- Beobachtung: Beschreibung der Situation bzw. der Tatsache, ohne Bewertung.
- Gefühle: Sich das eigene Gefühl bewusst machen, es ausdrücken und Verantwortung dafür übernehmen.
- Bedürfnisse: Das darunter liegende Bedürfnis erkennen, es akzeptieren und es ausdrücken.
- Bitte: Eine konkrete Bitte formulieren. Keine Forderung.
Zusammengefasst hilft uns die Gewaltfreie Kommunikation auf Angriffe zu verzichten, indem wir auf unsere Gefühle und Bedürfnisse achten und unseren verletzten Anteilen Empathie schenken, die den oft so unbedachten Äußerungen in einem Konflikt zu Grunde liegen.
Literaturempfehlung
Dr. Marshall B. Rosenberg ist international bekannt als Konfliktmediator und Gründer des internationalen Center for Nonviolent Communication in den USA. Die von ihm entwickelte Methode der Gewaltfreien Kommunikation hat sich als machtvolles Werkzeug herausgestellt, um Differenzen auf persönlichem, beruflichem und politischem Gebiet friedlich zu lösen. Hierzu hat er auch ein Buch geschrieben. Wir betrachten unsere Art zu sprechen vielleicht nicht als „gewalttätig“, dennoch führen unsere Worte oft zu Verletzung und Leid – bei uns selbst oder bei anderen. Die Gewaltfreie Kommunikation hilft uns bei der Umgestaltung unseres sprachlichen Ausdrucks und unserer Art zuzuhören.
Zuletzt aktualisiert am 13.12.2023
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Eine Antwort
Eine sehr schöne Zusammenfassung des Themas durch Frau Schmitt!
Gerade in Paarbeziehungen ist gewaltfreie Kommunikation sehr wichtig. Sie ist daher ein Prinzip bei allen unseren Paar-Wochenenden in der Akademie Heiligenfeld (z.B. „Gemeinsames inneres Wachstum durch Liebe“ und „Da war doch mal was …!“). Insbesondere beim Jahrestraining für Paare („Beseelte Paarentwicklung“) und in unserer Paarwoche auf Sylt („In der Weite die Nähe finden“) gehen wir explizit mit Beispielen und Übungen auf das Thema Gewaltfreie Kommunikation ein.
Weitere Informationen auf der Homepage der Akademie und unter: http://www.praxis-salow-juedes.de/seminare.