“Was tun bei Depressionen? Gibt es eine Art Selbsthilfe?” Diese Fragen stellen sich Betroffene genauso wie Angehörige, wenn eine Depression diagnostiziert wird, oder im Raum steht.
Depressionen sind eine ernstzunehmende Erkrankung, die sich auf alle Lebensbereiche auswirken kann. Viele Betroffene suchen nach Wegen, ihre Symptome selbst zu lindern – sei es, weil sie auf einen Therapieplatz warten oder ihre bestehende Behandlung unterstützen möchten. In diesem Artikel gibt unser Chefarzt der Heiligenfeld Klinik Uffenheim, Dr. Heinz-Josef Beine, hilfreiche Tipps, wie Sie selbstwirksam mit Depressionen umgehen und was sie selbst tun können.
Bitte beachten Sie: Bei Depressionen ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen, um die Ursachen der Krankheit nachhaltig zu bewältigen. Deshalb ist der erste Ansprechpartner meistens der Hausarzt oder die Hausärztin. Die nachfolgenden Tipps können ebenso mit dem behandelnden Arzt besprochen und individuell angepasst werden. Sie sollen als Unterstützung gelten und ersetzen keinen ärztlichen Rat.
Depression und ihre vielen Gesichter
Depression ist nicht gleich Depression. Die Erkrankung kann sich in unterschiedlichen Formen zeigen, die jeweils spezifische Herausforderungen mit sich bringen. Hier eine kurze Übersicht:
Schwere Depression
Eine schwere Depression zeichnet sich durch anhaltende Hoffnungslosigkeit, starke Antriebslosigkeit und oft auch Suizidgedanken aus. Betroffene können oft kaum noch ihren Alltag bewältigen.
Akute Depression
Eine akute Depression tritt plötzlich auf und bringt häufig sehr intensive Symptome mit sich. Sie erfordert schnelle Aufmerksamkeit und in vielen Fällen professionelle Hilfe.
Erschöpfungsdepression
Diese Form tritt oft im Zusammenhang mit Burnout auf. Symptome sind anhaltende Erschöpfung, Konzentrationsprobleme und das Gefühl, innerlich „ausgebrannt“ zu sein.
Leichte Depression
Hier sind die Symptome weniger stark ausgeprägt, jedoch können sie den Alltag dennoch belasten. Eine frühe Selbsthilfe kann helfen, eine Verschlechterung zu verhindern.
Depressive Episode
Depressive Episoden können phasenweise auftreten, oft auch im Wechsel mit symptomfreien Zeiten. Die Dauer und Intensität variieren.
Hochfunktionale Depression
Betroffene können trotz innerem Leid oft weiterhin ihren Alltag bewältigen, was die Erkrankung für andere schwer erkennbar macht.
Depressive Schübe
Hier wechseln sich Phasen mit depressiven Symptomen und relativ stabilen Phasen ab.
Depression erkennen: Welche körperlichen Symptome treten auf?
Die Hauptsymptome einer Depression sind zunächst psychischer Natur. Diese sind:
- Verlust an Freude
- Verringertes Interesse an Aktivitäten
- Mangel an Antrieb
- Schnelle Ermüdbarkeit
- Innere Leere
Depressionen können nicht nur seelische, sondern auch körperliche Symptome verursachen. Diese Symptome können Betroffene besonders belasten, bieten aber auch Ansatzpunkte für Selbsthilfe. Dazu gehören:
Übelkeit: Häufig ein Begleitsymptom von Stress und Anspannung.
Zittern: Kann durch innere Unruhe oder Ängste ausgelöst werden.
Appetitlosigkeit: Ein typisches Anzeichen, das oft zu Gewichtsverlust führt.
Müdigkeit: Trotz ausreichendem Schlaf fühlen sich viele Betroffene dauerhaft erschöpft.
Falls Sie sich in diesen Symptomen wiedererkennen, kann unser Online-Selbsttest helfen, Ihre Situation besser einzuschätzen. Dieser ersetzt keine Diagnose, kann jedoch ein erster Schritt sein.
Selbsttest Depression
Unser Online-Selbsttest kann Ihnen eine erste Einschätzung darüber liefern, ob Sie selbst oder Angehörige an einer Depression leiden.Selbsthilfe und Selbstwirksamkeit: Alltagstipps zur Linderung von Symptomen
Auch wenn Depressionen professioneller Behandlung bedürfen, gibt es viele Wege, wie Sie Ihre Symptome im Alltag lindern können. Gerade die oben beschriebenen körperlichen Symptome können durch eigenes Zutun unterstützend zu einer Psychotherapie und/oder Pharmakotherapie gelindert werden.
Übelkeit
Hausmittel: Trinken Sie beruhigende Tees wie Kamille oder Pfefferminze. Die Wärme sorgt für ein wohliges Gefühl und die Kräuterextrakte können ihre volle Wirkung entfalten.
Wärme: Ein warmes Kirschkernkissen auf den Bauch kann helfen, sich zu entspannen. Vielleicht finden Sie weitere Körperregionen, an denen Ihnen die Wärme besonders gut tut. Gerade verspannte Muskeln profitieren von einer Wärmebehandlung
Zittern
Bewegung: Regelmäßiges Yoga oder Schwimmen kann die innere Unruhe lindern und sorgt zudem für ausreichend Bewegung. Gerade in depressiven Phasen fällt es Betroffenen oft schwer, sich genug zu bewegen. Deshalb tun leichte Bewegungseinheiten besonders gut.
Meditation: Atemübungen und Achtsamkeit helfen dabei, aus der Gedankenspirale auszusteigen und den Körper zu beruhigen. Nichts wirkt so effizient auf das parasympathische Nervensystem wie unsere Atmung. Außerdem verankern Sie sich dadurch im Hier und Jetzt und stoppen das Gedankenkarussell über die Zukunft oder Vergangenheit.
Appetitlosigkeit
Frische Luft: Spaziergänge regen den Appetit an und sorgen für eine gute Durchblutung. Außerdem sorgt das Tageslicht für die Ausschüttung von Serotonin, das uns glücklich macht und hemmt das Schlafhormon Melatonin.
Energiedichte Snacks: Greifen Sie zu Lebensmitteln wie Nüssen, Haferflocken oder komplexen Kohlenhydraten, die Ihnen Energie liefern, ohne zu viel Zucker zu enthalten. Studienergebnisse legen nahe, dass ein zu hoher Zuckerkonsom Depressionen eher begüngstigt als nützt.
Omega-3-Fettsäuren: Omega-3-Fettsäuren spielen eine wichtige Rolle beim Gehirnstoffwechsel und können dadurch hilfreich bei Depressionen sein.
Müdigkeit
Fester Tagesablauf: Bei Müdigkeit hilft ein fester Tagesablauft mit regelmäßigen Schlaf- und Wachzeiten dabei, den Tag zu strukturieren. Außerdem sind regelmäßige Mahlzeiten von großer Bedeutung bei der Selbsthilfe bei Depressionen. Denn nicht nur Appetitlosigkeit und dadurch unkontrollierte Gewichtsabnahme, sondern auch ein gesteigerter Appetit und damit eine starke Gewichtszunahme können bei Depressionen auftreten.
Natürliche Mittel: Johanniskraut oder Baldrian können die Stimmung und den Schlaf verbessern.
Bewegung: Auch hier ist die Bewegung an der frischen Luft besonders wichtig. Moderate Aktivitäten wie Radfahren, Spaziergänge oder Yoga können Energie geben und wach machen. Bitte übertreiben Sie aber nicht. Ein zu schweres Training, wie z. B. hochintersives Intervalltraining kann auch ins Gegenteil umschlagen und die Ausschüttung von Stresshormomen wie Cortisol begünstigen. Das würde den Kreislauf nur noch erschweren.
- Soziale Kontakte: Gerade in depressiven Phasen können soziale Kontakte von besonderer Wichtigkeit sein. Gehört der soziale Rückzug doch zu einem der häufigsten Folgen von depressiven Symptomen. Vertrauen Sie sich guten Freunden oder der Familie an. Oft hilft Nähe schon dabei, ein wenig zu entspannen.
Bitte denken Sie daran, dass diese Tipps keine professionelle Therapie ersetzen, und auch nicht für jeden Menschen gleich wirksam sind. Sie können aber den Alltag manchmal etwas erleichtern.
Resilienz im Leben
Die Entwicklung von Resilienz wird oft als Gegenmittel der Depression und Burnout verstanden. Was das ist und wie man sie fördern kann, erfahren Sie auf unserem Informationsportal.Hilfe zur Selbsthilfe – Unterstützung vor Ort und Online finden und nutzen“
Selbsthilfegruppen bieten Betroffenen die Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu stützen. Sie sind ein wichtiger Schritt, um aus der Isolation auszubrechen.
Selbsthilfegruppen vor Ort: Viele Gemeinden und Kliniken bieten lokale Treffen an. Die NAKOS ist die zentrale bundesweite Anlaufstelle in Deutschland rund um das Thema Selbsthilfe und kann Ihnen dabei helfen, eine passende Selbsthilfegruppe zu finden. Zur Nakos
Online-Selbsthilfegruppen: Auch digitale Selbsthilfeangebote wie Programme und Apps können eine wertvolle Unterstützung im Umgang mit Depressionen sein. Achten Sie jedoch darauf, ob es sich um Präventions- und Selbsthilfe-Apps oder um digitale Psychotherapie-Angebote handelt. Beide Formen können hilfreich sein, jedoch unterscheiden sie sich in ihrem Ansatz und ihrer Zielsetzung. Online-Angebote haben oft eine geringere Hemmschwelle und sind flexibel erreichbar.
Portale wie die Deutsche Depressionshilfe bieten auch Übersichten über Selbsthilfeangebote. Es erfordert Mut, den ersten Schritt zu gehen, doch es lohnt sich.
Professionelle Hilfe bei Depressionen
Selbsthilfe kann Symptome lindern, reicht jedoch oft nicht aus, um die Ursachen von Depressionen zu bewältigen. Eine professionelle Behandlung – sei es ambulant oder stationär – ist daher essenziell.
In unserer Klinik bieten wir spezielle Therapieprogramme für Depressionen an, die individuell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Mit unserem ganzheiltichen Therapiekonzept unterstützen wir Sie dabei, wieder in Ihre Kraft zu kommen.
Haben Sie den Mut, sich Hilfe zu holen – Sie sind nicht allein!
Weitere Informationen zu Depressionen
Therapie von Depressionen
Tipps für Angehörige
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Dr. Heinz-Josef Beine
Dr. Heinz-Josef Beine ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Innere Medizin und verfügt über die Zusatzbezeichnungen Psychotherapie und Sozialmedizin. Er ist Chefarzt der Heiligenfeld Klinik Uffenheim.