Depressionen bei Jugendlichen – Symptome und Umgang mit Betroffenen

Die Teenagerjahre sind turbulente Zeiten voller Veränderungen und neuer Erfahrungen. Jugendliche stehen an der Schwelle zum Erwachsenwerden, erkunden ihre Identität und testen Grenzen aus. Emotionale Hochs und Tiefs sind dabei ganz normal. Doch was, wenn mehr dahintersteckt als nur die typischen Begleiterscheinungen der Pubertät?Stimmungsschwankungen, sozialer Rückzug oder wenig Selbstvertrauen können ebenso Anzeichen einer ernsthaften psychischen Belastung sein. Das führt dazu, dass Depressionen bei Jugendlichen oft besonders schwer zu erkennen sind.

Wie verbreitet sind Depressionen im Jugendalter?

Nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Jugendlichen ist die Depression eine weit verbreitete psychische Erkrankung, die das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen kann. Laut der Stiftung Deutsche Depressionshilfe gehören leichte depressive Verstimmungen bis hin zu schweren depressiven Störungen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen – nach aktuellen Schätzungen erkranken drei bis zehn Prozent aller Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren an einer Depression. In vielen Fällen geht die Depression bei jungen Menschen zusätzlich mit Erkrankungen wie Essstörungen, ADHS oder Angststörungen einher1.

Wie das Statistische Bundesamt meldet, waren psychische Erkrankungen 2021 die häufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte von 10- bis 17-Jährigen. Rund 22.000 Jugendliche aus dieser Altersgruppe waren wegen depressiver Episoden stationär in Behandlung2.

Symptome bei depressiven Jugendlichen

Depressive Teenager fühlen sich oft über einen längeren Zeitraum hinweg niedergeschlagen, einige sind gereizt und reagieren schnell wütend. Sie neigen dazu, sich zurückzuziehen und verlieren das Interesse an Aktivitäten, die ihnen früher Freude bereitet haben. Viele Betroffene haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Entscheidungen zu treffen – begleitet von einer allgemeinen Gleichgültigkeit.

Neben diesen Symptomen erleben sie oft körperliche Beschwerden wie Schmerzen, Schlafstörungen, fehlende Energie, innere Unruhe oder Appetitveränderungen. Außerdem können Leistungsstörungen in der Schule, vermehrter Drogenkonsum, Risikoverhalten, Ängste oder Selbstverletzung Anzeichen für eine Depression sein. Auch das Selbstbild wird von einer Depression in der Pubertät oft beeinflusst: Viele depressive Jugendliche haben eine sehr negative Sicht auf sich selbst und ihre Zukunft.

Individuelle Symptome

Zwar lassen sich Depressionen bei Jugendlichen Symptome zuschreiben – wie genau sich die Erkrankung aber zeigt, ist für alle Betroffenen individuell. Auch zwischen Jungen und Mädchen kann es Unterschiede in der Ausprägung der Erkrankung geben: Mädchen neigen eher dazu, ihre Depression nach innen zu richten, was sich in Traurigkeit, Selbstvorwürfen oder Schuldgefühlen äußert. Bei Jungen sind eher Aggressionen, Reizbarkeit oder impulsives Verhalten charakteristisch. Weil diese Symptome nicht immer dem klassischen Bild einer Depression entsprechen, können Depressionen in der Pubertät gerade bei Jungen leicht übersehen oder falsch interpretiert werden.

Stimmungsschwankungen oder depressive Episode?

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jedes genannte Symptom oder jede Verstimmung als Anzeichen einer Depression eingeordnet werden sollte. In der Pubertät sind Stimmungsschwankungen und zeitweise Niedergeschlagenheit normal und gehören zur Entwicklung in dieser Lebensphase dazu. Der Unterschied zu einer depressiven Episode liegt in der Dauer, in der Intensität und in den Auswirkungen der Symptome. Während Stimmungsschwankungen meist vorübergehend sind, halten depressive Episoden über einen längeren Zeitraum an und haben Schwierigkeiten in verschiedenen Lebensbereichen zur Folge.

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Psychische Herausforderungen im Jugendalter

Zwischen Kindheit und Erwachsenwerden steht eine Zeit intensiver Veränderungen und Herausforderungen. In dieser Phase der Adoleszenz erleben Jugendliche sowohl körperliche als auch emotionale Umbrüche, die zu psychischen Belastungen führen können. Diese Belastungen sind oft das Ergebnis des Zusammenspiels verschiedener Faktoren, die das Leben junger Menschen prägen. 

Alltägliche Herausforderungen

Dazu gehören hormonelle Umstellungen, Konflikte mit den Eltern oder Stress in der Schule, sei es durch Leistungsdruck oder Mobbing. Auch soziale Unsicherheiten und der Umgang mit Freundschaften oder ersten Liebesbeziehungen können stark belasten. Ein verbreiteter Stressfaktor ist die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper. In einer Zeit, in der das körperliche Erscheinungsbild stark von Medien und sozialen Netzwerken beeinflusst wird, kann der Druck, bestimmten Schönheitsidealen zu entsprechen, zu einem negativen Selbstbild führen. Hinzu kommen Sorgen um die Zukunft und die eigenen Fähigkeiten, die besonders in der Schule und im Übergang ins Erwachsenenleben eine Rolle spielen.

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Risikofaktoren bei Jugendlichen

Neben diesen alltäglichen Herausforderungen gibt es spezifische Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer Depression erhöhen. Das können unter anderem traumatische Erlebnisse wie Missbrauch oder der Verlust eines geliebten Menschen, eine instabile Familienumgebung, das Gefühl der sozialen Isolation, chronische Erkrankungen oder Persönlichkeitsmerkmale wie ein geringes Selbstvertrauen sein. Studien haben gezeigt, dass Depressionen in Familien gehäuft auftreten können: Wenn ein Elternteil oder ein naher Verwandter von einer Depression betroffen ist, steigt das Risiko für Jugendliche, ebenfalls diese Erkrankung zu entwickeln. Ungleichgewichte in Neurotransmittern, den chemischen Botenstoffen im Gehirn, die Gefühle und Stimmungen regulieren, können ebenfalls eine Rolle spielen.

Belastung durch Krisen

Eine Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung legt nahe, dass auch die COVID-19-Pandemie die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt hat. Insbesondere Mädchen sind davon betroffen: Bei ihnen zeigte sich eine überproportionale Zunahme neu diagnostizierter Essstörungen und Depressionen3. Insgesamt ist die aktuelle Zeit stark geprägt von Krisen wie Krieg oder Klimawandel, die viele Jugendliche stark belasten.

Nicht jeder Teenager, der mit diesen Herausforderungen konfrontiert ist, entwickelt eine Depression. Viele durchlaufen diese Lebensphase ohne langfristige psychische Beeinträchtigungen. Wenn jedoch Anzeichen für eine Depression anhalten und in unterschiedlichen Lebensbereichen Schwierigkeiten auftreten, kommt bei der Familie der Betroffenen, Freundinnen und Freunden, Lehrkräften oder anderen ihnen nahestehenden Personen oft die Frage nach dem richtigen Umgang mit depressiven Jugendlichen auf.

Depression bei Jugendlichen – was tun?

Für junge Menschen, die von einer Depression betroffen sind, ist eine Vertrauensperson besonders wichtig, die sie ernst nimmt und mit der sie offen sprechen können. Das Gefühl, verstanden zu werden und nicht allein mit den eigenen Gefühlen zu sein, kann eine große Erleichterung für depressive Jugendliche sein. Ein behutsamer Umgang und das Anbieten von Unterstützung, ohne zu drängen, können das Vertrauen stärken. Suizidgedanken sollten immer ernst genommen werden – selbst wenn solche Gedanken nicht konkret geäußert werden, ist es wichtig, aufmerksam zu sein.

Erste Beratung

Sich Hilfe zu holen, ist der erste und oft schwierigste Schritt. Es gibt unterschiedliche Angebote, die von Depressionen betroffenen Teenagern und ihren Familien zur Verfügung stehen. Erste Ansprechpartner können Hausärztinnen und -ärzte sein, aber auch Beratungslehrkräfte, Schulsozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter oder Schulpsychologinnen und -psychologen sowie spezialisierte Beratungsstellen, zum Beispiel beim Roten Kreuz, der Caritas oder der Diakonie. Beratungen per E-Mail oder telefonische Angebote wie das Kinder- und Jugendtelefon und die Telefonseelsorge bieten die Möglichkeit eines anonymen Austauschs.

Behandlung von Depressionen bei Jugendlichen

Depressionen lassen sich gut behandeln: Die Behandlung erfolgt meist ambulant bei Psychotherapeutinnen und -therapeuten, die auf Kinder und Jugendliche spezialisiert sein können. Sie helfen betroffenen Teenagern und ihren Familien zunächst, die Erkrankung besser kennenzulernen. In die Psychotherapie werden oft Familienmitglieder oder andere nahestehende Personen mit einbezogen. Bei Bedarf können begleitend auch Medikamente eingesetzt werden. Selbsthilfegruppen bieten einen sicheren Raum, um Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen. In manchen Fällen kann auch ein Klinikaufenthalt sinnvoll sein, um intensive therapeutische Unterstützung zu gewährleisten.

Der Heilungsprozess kann Zeit brauchen und es ist normal, dass es Höhen und Tiefen gibt. Im Umgang mit depressiven Jugendlichen ist Geduld entscheidend: Weder die Betroffenen noch die Eltern oder andere nahestehende Personen sollten sich unter Druck setzen, sofort eine Lösung finden zu müssen.

Hilfestellungen und weiterführende Inhalte

Für junge Menschen, die von Depressionen betroffen sind, gibt es verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten.

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Fachlich geprüft durch René Greiner

René Greiner ist Diplom-Psychologe in den Heiligenfeld Kliniken.

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